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Nach Vorwürfen Zürcher Unispital lässt Todesfälle an der Herzklinik untersuchen

Als «Desaster» bezeichnete ein ehemaliger Klinikchef die Zustände an der Herzklinik. Die Spitalleitung reagiert nun.

Das Zürcher Universitätsspital will eine externe Taskforce einsetzen, um zu untersuchen, ob es an der Klinik für Herzchirurgie Missstände gegeben hat. Die Taskforce, ein Gremium aus Expertinnen und Experten, soll insbesondere die Todesfälle aus der Zeit von 2016 bis 2020 umfassend untersuchen.

Man könne die Vergangenheit noch nicht ruhen lassen, sagte Spitalratspräsident André Zemp am Mittwochmorgen an einer Medienkonferenz. Das Universitätsspital Zürich sei nur dann glaubwürdig, wenn es genau hinschaue und aus Fehlern lerne. Erst kürzlich sorgten Aussagen des ehemaligen Klinikchefs Paul Vogt vor einem Zürcher Gericht für Schlagzeilen.

Frau und Mann in Business-Kleidung im Büro stehen am Tisch.
Legende: Die Direktorin des Zürcher Unispitals, Monika Jänicke und der Präsident des Spitalrats, André Zemp, gaben am Mittwochmorgen vor den Medien bekannt, dass sie die Todesfälle aus den Jahren 2016 bis 2020 genau untersuchen lassen wollen. Keystone/Ennio Leanza

Paul Vogt, der sich eigentlich wegen Urkundenfälschung verantworten musste, nutzte die Gelegenheit vor Gericht, um über die Zustände an der Klinik für Herzchirurgie auszupacken. Dabei nahm Vogt Bezug auf die Vorkommnisse an der Klinik für Herzchirurgie, die vor dreieinhalb Jahren bereits publik wurden. Der frühere Klinikchef Francesco Maisano soll wissenschaftliche Publikationen geschönt, Komplikationen bei Operationen verheimlicht und eigene finanzielle Interessen bei Implantaten verschwiegen haben.

Die Spitalleitung beteuerte stets, dass keine Patientinnen und Patienten gefährdet gewesen seien. Der ehemalige Klinikdirektor Paul Vogt, der das Ruder nach Bekanntwerden der Missstände übernommen hatte, schilderte den Sachverhalt kürzlich vor Gericht aber anders.

«Listen mit toten Patienten»

Er habe auf seinem Pult Listen mit Todesfällen an der Klinik und aus der Implantateforschung vorgefunden, die ihm ungewöhnlich vorgekommen seien, wird Vogt von diversen Medien zitiert. Er habe sich kurz darauf bei der Klinikleitung gemeldet. Die Aussage des Unispitals, dass keine Patienten zu Schaden gekommen seien, bezeichnete er als Lüge. Seinem Vorgesetzten habe er mitgeteilt: «Ich werde nicht schweigen zu den Toten.» 

Wir haben gesehen, dass das Vertrauen gelitten hat. Deshalb wollen wir das nun aufarbeiten
Autor: Monika Jänicke Direktorin Universitätsspital Zürich

Offenbar ist nun auch die Spitalleitung des Zürcher Universitätsspitals der Ansicht, dass in diesem Zusammenhang noch nicht alle Fragen geklärt sind. Monika Jänicke, seit knapp einem Jahr Direktorin des Unispitals, sagte an der Medienkonferenz: «Wir haben gesehen, dass das Vertrauen gelitten hat. Deshalb wollen wir das nun aufarbeiten.»

Die Taskforce, bestehend aus internationalen Medizinerinnen, aber auch Juristen, soll ihre Arbeit voraussichtlich im Sommer aufnehmen.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 8.5.2024, 12:03 Uhr ; 

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