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Nachhaltigkeit am Volksfest Rettung vor dem Müll: Wohin mit tonnenweise Badenfahrt-Material?

Nach dem riesigen Volksfest in der Stadt Baden wollen die zahlreichen Festbeizen nun tonnenweise Bau- und Bar-Material loswerden. Einfach ist das nicht, doch es entscheidet darüber, wie nachhaltig ein riesiges Volksfest wie die Badenfahrt wirklich sein kann.

Ein zweistöckiger Bar-Stahlbau für rund 15'000 Franken. Eine Eiswürfelmaschine für 899 Franken, eine Bartheke für 250 Franken. Dazu massenweise andere Angebote für ganze Holzbauten, Container, diverses Baumaterial, Sitzkissen und so weiter.

Tonnenweise Baumaterial der Badenfahrt sucht neue Verwendung

Am Tag nach der Badenfahrt, dem grossen zehntägigen Volksfest in der Kleinstadt Baden , werden auf verschiedenen Verkaufsplattformen im Internet Dutzende Inserate für Bau- und Barmaterial aufgeschaltet. Zum Teil werden grosse Festbauten als Ganzes angeboten, zum Teil nur einzelne Bau-Elemente, Mobiliar und Dekomaterial.

Nachhaltigkeit bei Festbeizen hoch im Kurs

Viele Festbeizen versuchen aktuell, ihr Material vor der Abfallverbrennung zu retten. Die Badenfahrt soll nachhaltiger werden als früher. In den vergangenen Jahren wurde die Kritik immer lauter, dass am Fest tonnenweise Material bloss für zehn Tage im Einsatz ist. Nun zeigen viele Vereine mit viel Aufwand, dass es auch anders geht.

Abbau der Badenfahrtbeizen läuft auf Hochtouren

Zum Beispiel die Alhamar-Beiz von drei Badener Quartiervereinen. Weit über 90 Prozent des eleganten Holzbaus könne man wiederverwenden, erklärt Vereinsmitglied Oliver Heinrich: «Unsere gesamte Beiz besteht aus 26 Tonnen Material, davon werden 25 Tonnen wiederverwendet.» Sogar die dreckigen Bodenplatten und einzelne Schrauben würden gesammelt und nochmal gebraucht. Wenn es um Wiederverwendung geht, ist Organisation zentral.

Unsere gesamte Beiz besteht aus 26 Tonnen Material, davon werden 25 Tonnen wiederverwendet.
Autor: Oliver Heinrich Festbeiz Alhamar

Ein paar Meter vom Alhamar entfernt steht Kim Graf in der bereits fast zur Hälfte abgebauten Anna-Beiz, einer der prämierten Festbauten. Sie führt eine Inventarliste und empfängt am Tag nach dem Fest den ganzen Tag Leute, die einzelne Dinge abholen kommen: «Die Barhocker waren extrem schnell weg und auch unsere Dekorationspflänzchen kommen weg.» Schon während des Festes habe man die Leute mit Flyern darauf hingewiesen, dass viel Material zu kaufen sei.

Die Barhocker waren extrem schnell weg und auch unsere Dekorationspflänzchen kommen weg.
Autor: Kim Graf Festbeiz «Anna»

Auch einen grossen Container, das Herzstück der Bar, habe man schon während des Festes im Internet zum Verkauf ausgeschrieben. So komme tatsächlich der grösste Teil des Materials zu einer Wiederverwendung. «Jemand hat sogar die Barkarten nach Hause genommen und will sie sich übers Bett hängen», lacht die junge Frau.

Bei der Nachhaltigkeit braucht es auch Kompromisse

Box aufklappen Box zuklappen

Für die Wiederverwendung des Baumaterials der rund 100 Festbeizen sind hauptsächlich private Vereine verantwortlich. Sie haben die Beizen für die Badenfahrt geplant und auch betrieben. Auch wenn bei vielen Vereinen der Wille zur Nachhaltigkeit vorhanden ist, landet nach wie vor auch viel Material in der Müllverbrennung.

Neben den Vereinen wollen auch das Organisationskomitee und die Stadt Baden die Badenfahrt nachhaltiger machen. Erstmals waren zum Beispiel nur Mehrwegbecher erlaubt. Laut Auskunft des Werkhofes waren 1.7 Millionen Becher im Umlauf und das habe die Abfallmenge spürbar reduziert. Gewisse Kompromisse seien aber für ein Fest dieser Grössenordnung unumgänglich. So war für die Essensausgabe Einweg-Geschirr erlaubt und es wurden auch viele Getränke in Dosen und PET-Flaschen verkauft.

Damit es mit der Nachhaltigkeit klappt, müsse man schon bei der Planung an die Wiederverwendung der Materialien denken, betont Alain Diebold von der Festbeiz des Lions-Club. Auch bei seiner Beiz müsse fast nichts direkt nach dem Fest entsorgt werden. Wenn es keine Möglichkeit zur Wiederverwendung gibt, dann immerhin für ein sinnvolles Recycling, das Bauholz des Lions-Club zum Beispiel werde zu Holzpellets geschreddert.

Hier hilft auch eine gewisse Erfahrung im Bauen und Betreiben einer Badenfahrt-Beiz. Lars Mallien vom Verein Leviathan hat mit Freunden schon mehrmals Festbeizen gebaut und geführt. Auch bei der diesjährigen Beiz «Motel Rex» hätten sie eine Tradition der letzten Ausgaben weitergeführt: «Wir machen immer am letzten Tag eine Versteigerung und konnten so fast 90 Prozent der Sachen verkaufen.»

Die Badenfahrt mag in puncto Nachhaltigkeit noch längst nicht perfekt sein und sorgt immer noch für viel Abfall. Anders als früher scheint aber bei vielen Vereinen ein Umdenken stattgefunden zu haben.

SRF 1, Regionaljournal Aargau Solothurn, 28.08.2023, 17:30 Uhr ; 

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