Das Wichtigste in Kürze:
- Eine deutsche Studie zeigt: Menschen, welche die Lebensmittelknappheit während des Zweiten Weltkriegs erlebt haben, verschwenden deutlich seltener Lebensmittel als spätere Generationen.
- Dies liegt laut Studienmachern einerseits an den eigenen Erfahrungen und Erinnerungen, aber auch am Wissen, wie Lebensmittelreste verwertet werden können.
- Der Umweltforscher Claudio Beretta von der ETH Zürich sieht Potenzial an den Schulen: Diese sollen im Kochunterricht das Verwerten von Resten thematisieren.
Die Diskrepanz zwischen Alt und Jung ist gross. Auf die Frage der Studienmacher, ob die Konsumenten in den vorangegangenen vier Wochen Lebensmittel in den Müll geworfen hätten, antwortete bei der Kriegsgeneration ein Drittel mit «Nein». Bei der jungen Generation, bei den knapp 40-Jährigen und jüngeren antworteten nur gerade acht Prozent mit «Nein». Die Studie zum Food-Waste-Verhalten wurde vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln 2017 durchgeführt.
«In der Schweiz würde sich ein ähnliches Bild ergeben»
Auch in der Schweiz waren die Lebensmittel während des Zweiten Weltkriegs und den folgenden Jahren rationiert. Claudio Beretta ist Umweltwissenschaftler an der ETH Zürich und forscht zum Thema Food-Waste: «Auch bei uns würde sich wohl ein grosser Unterschied zwischen den Generationen zeigen», sagt Claudio Beretta gegenüber «Espresso», dem Konsumentenmagazin von Radio SRF 1. «Wenn ich an meine Grossmutter denke, die hatte ein ganz anderes Bewusstsein in Bezug auf Lebensmittel und ging extrem sparsam damit um.»
Aufklärung und Bezug schaffen
Die Studienmacher in Deutschland ziehen aus den Umfrageresultaten unter anderem den Schluss, dass das Bewusstsein für Lebensmittel, die Wertigkeit und die Verwertbarkeit von Lebensmitteln den jüngeren Generationen wieder vermittelt werden müssten. Mit dem Ziel, auf diese Weise weniger Lebensmittel zu verschwenden.
Genau hier will auch der Verein foodwaste.ch ansetzen, dessen Präsident Claudio Beretta ist. Eine aktuelle Studie aus der Schweiz teile aufgrund einer Umfrage die Konsumenten in verschiedene Typen ein. Dabei zeige sich, dass nur rund sechs Prozent der Befragten eine umweltbewusste Handlungsbereitschaft aufweisen. Darin widerspiegle sich eine grosse Widersprüchlichkeit in unserer Gesellschaft: «Wir wollen zwar unsere Umwelt schützen und den Klimawandel stoppen. Wenn wir aber unser Verhalten ändern sollten, beispielsweise weniger Benzinauto fahren, dann ist die Bereitschaft plötzlich sehr gering.»
Aufklärung ohne Moralkeule
Zwar seien Aufklärungskampagnen zum Thema Lebensmittel-Verschwendung und Klimawandel wichtig, jedoch ist der ETH-Forscher überzeugt, dass die Menschen ihr Verhalten nur über das eigene Erleben verändern können. Zum Beispiel im Kochunterricht in der Schule: «Wo man mit altem Brot ein neues Gericht kocht und erst im Nachhinein realisiert, ah, da haben wir nun ja Reste verwertet und eine wunderbare Mahlzeit hergestellt.»
Oder beim Besuch auf dem Bauernhof zu realisieren, von hier kommt ein Grossteil unserer Lebensmittel, von Tieren, von Äckern, die von Bauern bewirtschaftet werden.