Zum Inhalt springen

Nahrungsmittel-Spekulation Schweizer Banken machen «Geschäft mit dem Hunger»

Jeder achte Mensch auf der Welt hungert – auch darum, weil die Lebensmittel nicht erschwinglich sind. Spekulationen auf Nahrungsmittel führen zu starken Preisschwankungen auf Rohwaren. Hilfswerke monieren: So werden Gewinne gemacht auf Kosten der Armen – und Schweizer Banken mischen mit.

Ein Junge isst Mais
Legende: Hilfswerke kritisieren: Das spekulative Geschäft mit Mais, Reis etc. lässt die Preise steigen – und führt zu Hunger. Reuters

Mit Spekulationen auf Nahrungsmittel lassen Banken die Preise explodieren und verursachen damit Hunger bei Millionen von Menschen, wie Hilfswerke festhalten. Diese unethischen Geschäfte sollen gestoppt werden. Nach Angaben von Brot für alle und Fastenopfer bieten in der Schweiz zehn Banken Finanzprodukte mit Anlagen auf Agrarrohstoffe wie Weizen, Mais oder Reis an.

CS auf unrühmlichem Platz

Die Anlagen hätten ein Volumen von 3,6 Mrd. Franken, heisst es in einer Studie. Der mit Abstand grösste Schweizer Anbieter solcher Finanzprodukte ist mit einem Volumen von 2,4 Mrd. Franken demnach die CS-Gruppe. Auf Platz zwei dieser Liste rangieren die Privatbank J. Safra Sarasin und die UBS mit je rund 340 Mio. Franken Agrar-Investitionen. Aber auch die Waadtländer und die Zürcher Kantonalbank sind unter den ersten Zehn platziert.

Die Hilfswerke argumentieren, die Spekulation auf Nahrungsmittel führe zu starken Preisschwankungen an den Rohwarenbörsen. Dies gehe schliesslich zu Lasten der Ärmsten, die ohnehin zwischen 50 und 90 Prozent ihres monatlichen Einkommens für Lebensmittel aufwenden müssten. Zudem führe die Spekulation in vielen Teilen der Welt, insbesondere in den Ländern des Südens, zu mehr Hunger.

An die Schweizer Banken – und allen voran an die Credit Suisse – wird daher der Appell gerichtet, sich aus dem «unethischen Geschäft» zurückzuziehen und die Spekulation auf Agrarrohstoffe zu stoppen.

CS leitet Teilausstieg ein

Die CS lässt diesen Vorwurf nicht einfach auf sich sitzen: «Die Credit Suisse betreibt keinen Eigenhandel mit Agrarrohstoffen und führt ausschliesslich Transaktionen im Auftrag von Kunden aus», teilte die Bank mit.

Die wenigen CS-Anlageprodukte, die einzig in Nahrungsmittel investierten, würden mit dem Ende ihrer Laufzeit nicht mehr verlängert und damit vom Markt entfernt. Es würden auch keine neuen solche Produkte aufgelegt. Diesen Ausstieg hat die CS laut ihrem Sprecher Marc Dosch bereits im April angekündigt. Die Grossbank nähme die Bedenken über die Rolle der Finanzmärkte in diesem Bereich ernst.

Bank sieht weitere Ursachen

Die CS etwa misst anderen Faktoren einen viel entscheidenderen

Einfluss zu, etwa der steigenden globalen Nachfrage (getrieben vor

allem durch Bevölkerungswachstum, verändertes Essverhalten in

aufstrebenden Ländern, Biotreibstoffe) sowie Klimaeinflüssen oder

Exportrestriktionen.

«Zudem sind wir ein äusserst kleiner Marktteilnehmer bei

Anlageprodukten, die ausschliesslich in Nahrungsmittel

investieren», schreibt die CS in ihrer Stellungnahme weiter. Die

wirklich grossen Akteure seien Institute wie die Investmentbanken

Goldman Sachs oder Morgan Stanley, so Dosch. Gemessen am globalen

Volumen sei der Einfluss der Schweizer Banken schwindend klein.

Volksinitiative lanciert

In der Schweiz ist ein Ausstieg aus der Spekulation mit Nahrungsmitteln und Agrarrohstoffen bereits ein Thema. Ende September 2012 haben die Jungsozialisten (Juso) eine entsprechende Volksinitiative lanciert. Sie soll unter anderem Banken, Versicherungen und Pensionskassen den Handel und das Investieren in diese Finanzprodukte verbieten. «Das Geschäft mit dem Hunger muss gestoppt werden», fordert Juso-Präsident David Roth. Die Unterschriftensammlung läuft noch bis Ende März 2014.

Meistgelesene Artikel