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Naturfilmer Ruedi Plattner Von angriffigen Flusspferden und biologischer Neugier

Der neue Film des Naturfilmers Ruedi Plattner «Animals» feierte Premiere. Ein Gespräch über sein Schaffen und das Klima.

Ruedi Plattners neustes Werk «Animals» feierte letzte Woche im Cinema Liberty in Weinfelden Premiere. Der Film führte den Naturfilmer nach Finnland zu Braunbären, zu einem Jaguar im brasilianischen Binnen-Feuchtgebiet Pantanal und zu Eisbären in die Arktis.

Ruedi Plattner

Naturfilmer

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Ruedi Plattner ist ein Schweizer Filmemacher, der seit 40 Jahren Naturfilme und -dokumentationen dreht. Der gelernte Maschinenzeichner bildete sich schrittweise in Wildbiologie aus und erlernte das Filmemachen. Vieles seiner Filme: Kamera, Schnitt, Ton, Musik. Auf seinen Expeditionen hat er eine handliche Kamera mit Reserveakkus und Stativ dabei. Gesamtgewicht: rund 15 Kilo. Der 70-Jährige aus St. Margarethen TG ist gebürtiger Baselbieter, lebt aber seit 17 Jahren im Thurgau.

SRF News: Sie filmen seit 40 Jahren Tiere in bedrohten Lebensräumen. Das ist sehr aufwändig und bedarf einer guten Vorbereitung. Was ist wichtiger, das Planen oder die Geduld?

Ruedi Plattner: Beides. Bei manchen Projekten kann die Planung drei oder vier Jahre dauern. Plötzlich heisst es: Jetzt geht es los. Dann sind Geduld, Kenntnis und je nach Tier ein guter Guide gefragt. Dann herrscht Spannung. Wenn das gewünschte Tier vor der Kamera ist, bin ich wie ein kleiner Junge und komme ins Träumen.

Was war Ihr eindrücklichstes Erlebnis?

Es gibt einige Höhepunkte. 1982 war ich einer der ersten Filmer beim Berggorilla in Ruanda. Vor vier Jahren im Pantanal in Brasilien traf ich einen Jaguar. Brasilien bietet generell eine unglaublich vielfältige Tier- und Pflanzenwelt.

Ruedi Plattner mit Kamera in einem finnischen Wald
Legende: Filmemacher Ruedi Plattner bei der Arbeit. Hier befindet er sich in der Wildnis von Finnland. ZVG

Man stellt sich das Leben eines Tierfilmers abenteuerlich vor. Wie ist es?

Es ist ein Mix von biologischer Neugier für ein seltenes Tier und von Abenteuer. Es geht durch Sümpfe, man kämpft gegen Moskitos oder Blutegel – doch beim Filmen ist man so fokussiert, alles rundherum geht vergessen.

Gab es gefährliche Momente?

Wenige. Vor 42 Jahren griff uns mal ein Flusspferd an. Ein anderes Mal schreckte ich eine Schlange auf. Ich habe keine Angst, das wäre falsch. Der Respekt vor den Tieren ist wichtig.

Der Eisbär ist das einzige Raubtier, bei dem der Mensch auf der Speisekarte steht.

Sie waren bei Bären. Die sind doch gefährlich?

Der Braunbär ist eher ein Fluchttier. Bei einer überraschenden Begegnung im Wald kann er angreifen. Wegrennen nützt nichts. Der Eisbär hingegen ist gefährlich. Von Longyearbyen aus, einer Forschungsstation auf Spitzbergen, darf man nie ohne bewaffneten Wildhüter raus. Nicht, um den Bären zu erlegen, sondern um ihn mit Luftschüssen zu verscheuchen. Der Eisbär ist das einzige Raubtier, bei dem der Mensch auf der Speisekarte steht.

Im Film wollen Sie aufzeigen, wie der Mensch Ökosysteme von Tieren bedroht oder zerstört, aber auch, wie schön die Natur ist. Wird die Botschaft erhört?

Ja, bei den Premieren war das Echo fast ausnahmslos begeistert. Mehr als ich erwartet habe.

Ist es eine Gratwanderung, nicht moralisch zu wirken?

In diesem Film gibt es am Schluss dezent einige scharfe Bemerkungen. Wir zeigen mehr die Schönheiten. Ich bin überzeugt, politisch erreichen wir keine Lösungen mit dem Drohfinger. Die Leute müssen selbst merken, dass sie helfen wollen. Der Film geht schrittweise ins Thema. Die Warnung am Schluss kam gut an.

Der Massenkonsument, der kopflos durch die Einkaufszentren geht, ist genauso verantwortlich wie ich.

Für den Film sind Sie um die Welt gereist. Kritiker könnten sagen, das sei nicht ökologisch.

Wenn man etwas schützen will, braucht es Forschung. Auch Biologen müssen fliegen. Aber der Massenkonsument, der kopflos durch die Einkaufszentren geht, ist genauso verantwortlich wie ich.

Wenn jemand Tierfilmer werden will – würden Sie dazu raten?

Ich würde dazu raten, aber sagen: Biologie-Grundkenntnisse schaden nicht. Man muss die Sprache des Tieres lesen können. Es bringt nichts, wenn man die Kamera aufstellt und das Tier rennt davon. Ich würde den Beruf wieder wählen. Es ist einfach schön, in der Natur, in den Wäldern. Und dabei noch etwas Schönes filmen.

Das Gespräch führte Sascha Zürcher.

SRF1 Regionaljournal Ostschweiz, 27.09.22, 17:30 Uhr ; 

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