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Nein-Komitee Pflege-Initiative: Gegner befürchten höhere Krankenkassen-Prämien

  • Ein überparteiliches Nein-Komitee hat ihre Argumente gegen die Pflege-Initiative präsentiert.
  • Das Volksbegehren schiesse über das Ziel hinaus, argumentieren die Gegner der Initiative – Löhne für eine Berufsgruppe beispielsweise gehörten nicht in die Verfassung.
  • Dem Nein-Komitee haben sich Politikerinnen und Politiker von FDP, SVP und Mitte-Partei angeschlossen – sie unterstützen den Gegenvorschlag, den das Parlament zur Initiative ausgearbeitet hat.

Das Parlament sei sich bewusst, dass die Pflege gestärkt werden müsse, hält das Nein-Komitee in einer Mitteilung fest. «Niemand bestreitet, dass es im Pflegebereich Verbesserungen braucht», sagte FDP-Nationalrat Philippe Nantermod (VS) vor den Medien in Bern.

Dafür habe man den indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet. Die übrigen Forderungen der Initiative seien jedoch überzogen.

Keine Berufsgruppen in Verfassung

So hätten beispielsweise Bestimmungen über die Gehälter eines bestimmten Berufsstandes in der Verfassung «nichts zu suchen», schreiben die Gegner der Pflege-Initiative. «Die Bundesverfassung ist nicht dazu da, um die Löhne einer Berufsgruppe zu regeln», erklärte Nantermod.

Pfleger betreut alte Frau in Krankenhausbett
Legende: Das Nein-Komitee unterstützt den Gegenvorschlag, der die Ausbildung der Pflegefachpersonen mit einer Milliarde Franken fördern will. Keystone

«Es gibt verschiedene Berufsgruppen, die ebenso wichtig sind wie die Pflegeberufe – und diese dann nicht in die Verfassung zu schreiben, scheint mir nicht plausibel», sagte auch die Thurgauer Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller. Es gebe keine andere Berufsgruppe, bei der der Bund direkt die Löhne festlege.

Gegner der Initiative befürchten Kostenexplosion

Wenn zudem mehr Leistungen direkt von Pflegenden und Spitex-Mitarbeitenden mit den Krankenkassen abgerechnet werden könnten, bedeute dies laut Gegenkomitee auch höhere Kosten. Der Gegenvorschlag komme der Initiative weit entgegen und könne vom Bund rasch umgesetzt werden, hält das Nein-Komitee fest. Insbesondere die Ausbildung von Pflegefachpersonen werde mit fast einer Milliarde Franken unterstützt.

Darüber hinaus sehe der Gegenvorschlag einen sinnvollen Kontrollmechanismus vor, um eine «Eskalation bei den Krankenkassenprämien» im Zusammenhang mit der Abrechnung mit den Krankenkassen zu verhindern.

Befürworter liegen vorn

Die Volksinitiative hat durchaus Chancen, angenommen zu werden: Fünf Wochen vor der Abstimmung hätten gemäss einer SRG-Umfrage 78 Prozent der Stimmberechtigten für die Pflege-Initiative gestimmt.

15 Prozent gaben an, gegen die Initiative zu stimmen. Sieben Prozent sind unschlüssig.

Die beiden Vorlagen im Detail

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Die Pflege-Initiative verlangt, dass Bund und Kantone für eine ausreichende, allen zugängliche Pflege von hoher Qualität sorgen. Sie sollen sicherstellen, dass genügend diplomiertes Pflegepersonal für den zunehmenden Bedarf der alternden Gesellschaft zur Verfügung steht.

Die in der Pflege tätigen Personen sollen entsprechend ihrer Ausbildung und ihren Kompetenzen eingesetzt werden. So soll der Bund die Arbeitsbedingungen in den Spitälern, Heimen und Spitex-Organisationen verbindlich regeln. Dazu zählt die Höhe der Löhne.

Zudem sollen Pflegefachpersonen gewisse Pflegeleistungen selbstständig direkt mit der obligatorischen Krankenpflegeversicherung oder anderen Sozialversicherungen abrechnen können. Heute können sie grundsätzlich nur die Leistungen abrechnen, die von einer Ärztin oder einem Arzt angeordnet worden sind.

Dem Bundesrat und einer Mehrheit des Parlaments geht dieser Vorschlag zu weit. Das Parlament hat deshalb einen indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative verabschiedet. Dieser Vorschlag tritt in Kraft, wenn die Initiative abgelehnt wird und der Gegenvorschlag nicht erfolgreich mit einem Referendum bekämpft wird.

Der Gegenvorschlag sieht unter anderem vor, dass Bund und Kantone für die nächsten acht Jahre rund eine Milliarde Franken in die Ausbildung von Pflegepersonal investieren. Mit dem Geld sollen sowohl Studierende als auch Spitäler, Pflegeheime und Spitex-Organisationen unterstützt werden, die Pflegepersonal ausbilden.

Zudem sollen Fachhochschulen und höhere Fachschulen Geld erhalten, wenn sie die Zahl der Ausbildungsplätze erhöhen.

SRF 4 News, 22.10.2021, 06:00 Uhr ; 

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