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Nein-Trend bei «No Billag» «Sympathien wurden früh zunichte gemacht»

60 Prozent Nein, 38 Prozent Ja, 2 Prozent Unentschlossene: Das ergibt die aktuelle Umfrage zur No-Billag-Initiative, die am 4. März an die Urne kommt. Martina Mousson vom Forschungsinstitut gfs.bern ordnet die Zahlen ein.

SRF News: Worin sehen Sie die Gründe für den hohen Nein-Anteil?

Martina Mousson: Die Gründe sehen wir darin, dass – anders als üblich bei Initiativen – die Sympathien für dieses Anliegen sehr früh zunichte gemacht wurden, weil die Kampagne viel früher startete als in anderen Fällen. Es gab keine eidgenössische Abstimmung im November. Das heisst, nach der letzten Abstimmung im September entstand eine Art Loch, in das die No-Billag-Kampagnen beidseitig reinpreschen konnten. Seither läuft die Debatte. Das heisst: Die Meinungsbildung ist entsprechend weit fortgeschritten.

Heisst das, dass bis am 4. März nur noch wenig Bewegung zu erwarten ist?

Es ist sicher weniger Spiel drin als bei anderen Initiativen, die mit sehr hohen Sympathiewerte starten und dann erst im Verlauf der Kampagne an Zuspruch einbüssen, weil erst dann die Lösungsansätze sehr breit und medienwirksam diskutiert werden. Das ist bei «No Billag» bereits passiert, entsprechend ist das Bild.

Was ist das stärkste Argument der Gegner?

Sie können mit den Befürchtungen, was bei einer Annahme der Initiative geschieht, sehr gut punkten. Das ist geschehen: Man fürchtet um die Qualität des Schweizer Mediensystems und die Einflussnahme beispielsweise von finanzkräftigen Investoren. Und man hat auch Angst davor, dass die Landesteile nicht mehr gleichermassen bedient werden können.

Was ist das Hauptargument der Unterstützer?

Wichtig ist das Argument, dass die SRG zu gross geworden sei, dass sie sparen und ihre Leistungen reduzieren soll.

Das Argument, wonach eine Zwangsgebühr in Zeiten von Netflix nicht mehr zeitgemäss sei, wird von Menschen unter 30 mehrheitlich akzeptiert.

Gibt es sprachregionale Unterschiede?

Es wurde sehr viel darüber diskutiert, wer profitiert und – noch viel wichtiger – wer was verliert bei einer Annahme der Initiative. Wir finden in allen Landesteilen ablehnende Mehrheiten. Die Deutschschweiz zeigt aber doch etwas mehr Sympathien für das Anliegen als die Romandie und das Tessin.

Zeigt sich auch ein Unterschied zwischen älteren Menschen und den Jungen, die den Service Public nicht mehr so stark nutzen?

Es geht weniger darum, dass sie den Service Public weniger nutzen, sondern vielmehr darum, dass sie einfach andere Mediennutzungsgewohnheiten haben, sich viel im Internet bewegen und eine Art Gratismentalität entwickelt haben. Das Argument, wonach eine Zwangsgebühr in Zeiten von Netflix nicht mehr zeitgemäss sei, wird von Menschen unter 30 mehrheitlich akzeptiert. Entsprechend sind sie auch eher für diese Vorlage.

Könnten die Jungen die Abstimmung noch beeinflussen?

Dass sie das Blatt wenden, ist bei den Jungen eher unwahrscheinlich. Sie sind die Gruppe, die sich in der Regel am wenigsten an Abstimmungen beteiligt.

Was man in einer Umfrage sagt, ist ja manchmal nicht dasselbe wie das, was man tut. Könnte so eine Verfälschung in der Befragung drin sein?

Diese sogenannte soziale Erwünschtheit ist immer wieder ein Thema in der Wissenschaft, nicht nur bei Umfragen. Doch das eigentliche Problem ist nicht, dass die Leute nicht sagen, was sie denken. Wenn es ein Problem gibt, ist es das, dass sie gar nicht erst bei Umfragen mitmachen. Das ist viel gefährlicher.

Das Gespräch führte Rafael von Matt.

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