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Nein zur Rentenreform «Die Verlustangst war grösser als die Veränderungsbereitschaft»

Gegner und Befürworter der Rentenreform sind sich einig, dass das Thema neu angegangen werden muss. Aber wie?

Paul Rechsteiner, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbund, Befürworter: Als einer der Väter der Rentenreform ist Rechsteiner enttäuscht über das Nein. «Der Kompromiss war eben ein Kompromiss», erklärt er. Die Vorlage habe zwar aus seiner Sicht leicht mehr positive als negative Aspekte enthalten. Es handle sich dabei aber nur um einen leichten Unterschied.

Das Scheitern der Vorlage erklärt er so: «Das Nein hat es viel einfacher als das Ja, wenn es um Renten geht. Die Verlustangst ist grösser als die Bereitschaft zu einer Veränderung.» Vor allem sei die Angst bei Frauen über 50 Jahren sehr gross gewesen. Etwa wegen des Heraufsetzens des Rentenalters auf 67 Jahre – solange die Lohngleicheit nicht realisiert sei. Es werde jetzt nach dem Nein «sehr anspruchsvoll werden», eine neue Reform zu schnüren.

Joachim Eder (FDP/ZG), Gegner: Das Nein zur Rentenvorlage sei eine Bestätigung des Dreisäulen-Prinzips der AHV und eine klare Absage an eine Zweiklassengesellschaft in der AHV, sagt Ständerat Joachim Eder (FDP/ZG) in einer ersten Stellungnahme.

Ebenso sei es eine deutliche Absage an die Vermischung der Säulen. Dass das Resultat so deutlich ausfallen würde, glaubte er nicht. Was ihn an den Podien vor allem verunsichert habe, sei die Aussage gewesen, man finde die Reform zwar schlecht, stimme aber trotzdem Ja, weil endlich etwas gehen müsse.

Sebastian Frehner (SVP/BS), Gegner: Nach dem Nein zur Altersreform sagt der erleichterte Sebastian Frehner (SVP/BS), es werde nun nicht einfacher. «Wir müssen ziemlich schnelle eine neue Revision der Altersvorsorge aufgleisen.» Er hoffe, alle «vernünftigen Stakeholder» würden nun an einen Tisch sitzen, um «ziemlich schnell etwas zu erreichen».

Arbeitgebepräsident Valentin Vogt, Gegner: Die Abstimmung habe den Weg frei gemacht für eine neue Reform, stellt Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt fest. Alle Elemente lägen jetzt auf dem Tisch. Es sei nun eine Frage des politischen Willens, wie schnell es gehen werde. Die Priorität von Seiten der Arbeitgeber sei klar auf der AHV, wo sich ein grosses Defizit anbahne.

Die AHV werde auch mit dem Plan B der FDP nicht dauerhaft ins Lot kommen, deshalb sei für ihn eine Erhöhung des AHV-Alters klar. Das werden ein Prozess sein. «Wir gehen davon aus, dass die Schweiz in ungefähr 20 Jahren das Rentenalter 66/66 haben wird.»

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Nationalrätin Silvia Schenker (SP/BS), Befürworterin: Schenker räumt ein, dass die Vorlage sehr komplex gewesen sein. Dies sei aus vielen Gesprächen mit der Bevölkerung deutlich geworden. Das Thema sei allerdings komplex und lasse sich nicht vereinfachen.

Man werde nun nach den definitiven Resultaten auf die referendumsführenden linken Gruppierungen und Gewerkschaften in der Westschweiz zugehen: «Sie sind ja Teile von unserer Partei, aber auch andere Linke.»

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Lorenz Hess (BDP/BE), Befürworter: Hess zweifelt am Sinn der Sache. Er kritisiert die Gewinnerseite, also die Gegner der AHV2020. Sie würden heute noch immer das Gleiche sagen, wie vor zwei Jahren. Konkret, dass man damals schon gesagt habe, man müsse jetzt eine neue Lösung erarbeiten. Geschehen sei aber nichts.

«Das Problem ist jetzt, dass man etwas machen muss, was nicht ganz sauber ist. Man muss jetzt dem Volk in der berühmten Salami-Taktik die einzelnen Häppchen vorlegen.»

Ständerätin Karin Keller Sutter (FDP/SG): Ausschlaggebend in der Deutschschweiz sei wohl der Rentenzuschlag von 70 Franken gewesen, der immer wieder im Vordergrund diskutiert worden sei, analysiert Keller Sutter das Resultat. Andere Aspekte wie die Zweite Säule seien eher im Hintergrund gewesen.

Wie soll es weitergehen? Der Ständerätin schwebt ein kleineres AHV-Paket mit Rentenalter 65/65 vor, dazu eine moderate Mehrwertsteuererhöhung sowie eine soziale Abfederung für die Frauen.

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