Iseltwald ist ein idyllisches Dorf am Brienzersee, mit 420 Einwohnerinnen und Einwohnern, einem Schloss und einem Strandbad. Seit zwei Jahren ist Iseltwald aber auch ein Treffpunkt für asiatische Touristinnen und Touristen. Ein Social-Media-Hotspot. Ein typisches Beispiel für Overtourism.
Der Grund ist die koreanische Netflix-Serie «Crash Landing on You». Sie handelt von einer reichen Südkoreanerin, die nach einem Gleitschirmunfall in den Bergen landet und sich in einen nordkoreanischen Offizier verliebt. Einige Szenen wurden in Iseltwald im Berner Oberland gedreht. Darum strömen die asiatischen Gäste in Scharen dorthin.
Der Zustrom betrifft auch die Postautos, welche die Gäste von Interlaken nach Iseltwald transportieren. Darum führen sie schon seit Längerem eine Expresslinie und Doppelstockbusse.
Der Boom als Chance
Nun reagiert Postauto mit einer neuen Aktion auf den Ansturm: An den Fenstern der Doppelstöcker prangt seit Kurzem ein QR-Code, welcher direkt zu einer koreanisch getexteten Webseite führt. Dort finden Userinnen und User Alternativen zu Iseltwald: die Isenfluh, das Rosenlaui-Gebiet oder die Zentralalpen zum Beispiel.
«Wir möchten den koranischen Gästen zeigen: Es gibt auch noch andere Perlen im Berner Oberland», sagt Katharina Merkle von Postauto. Natürlich könne man den Boom in Iseltwald nicht einfach wegreden. Aber: «Wir können diesen auch als Chance sehen und versuchen, die Gäste gezielt auf andere schöne ÖV-Linien zu lenken.»
Wir möchten den koranischen Gästen zeigen: Es gibt noch andere Perlen im Berner Oberland
Was hält die Gemeinde Iseltwald von der Umlenkungsaktion? Gemeindeschreiberin Gabriela Abegglen sagt: «Die Gäste sehen denn QR-Code erst, wenn sie bereits im Bus nach Iseltwald sitzen, somit ist es ja eigentlich keine Umlenkung.» Aber sie begrüsst es, dass die koreanische Webseite auch auf den Uferweg Iseltwald-Giessbach, die Restaurants und den Dorfladen hinweist. «Dann gehen die Gäste vielleicht nicht mehr nur auf den Steg.»
Alles viel gesitteter
Am Bootssteg spielt eine Schlüsselszene der koreanischen Netflix-Serie. Darum entwickelte sich dieser zum regelrechten Selfie-Hotspot. Vor einem Jahr hat die Gemeinde auf den Ansturm reagiert: Wer sich auf dem beliebten Bootssteg ablichten lassen will, muss fünf Franken zahlen. Die Gemeinde hat eigens ein Drehkreuz aufgebaut, um den Zustrom zu regulieren. «Jetzt läuft das Warten viel gesitteter ab als früher», bilanziert Abegglen.
Ebenfalls bewährt habe sich das Reservationssystem für Cars. Im Sommer gibt es fünf verschiedene Zeitfenster à je zwei Stunden. Seither kommt es nicht mehr zu chaotischen Zuständen auf dem Dorfplatz.
Was bleibt, ist der ausserordentliche Aufwand für das Werkhofpersonal: Toiletten reinigen oder Abfalleimer leeren – diese Arbeit wird erst weniger, wenn auch der Touristenandrang zurückgeht. Hinweise, dass dies passiert, gibt es derzeit aber keine.
Im Gegenteil: Künftig könnten auch immer mehr Gäste aus Indien nach Iseltwald reisen: Die Netflix-Serie kann jetzt auch in Hindi geschaut werden.