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Neue Eltern-Befragung Fast die Hälfte der Kinder in der Schweiz erlebt Gewalt

  • Fast 50 Prozent aller Kinder in der Schweiz erlebt zu Hause körperliche oder psychische Gewalt.
  • Das hat eine Befragung durch die Universität Freiburg im Auftrag von Kinderschutz Schweiz ergeben.

Die Universität Freiburg hat bei 1013 Eltern eine Umfrage durchgeführt – und diese zeigt Zahlen, die wachrütteln. Unter den verschiedenen Gewalthandlungen in der Erziehung seien «Schläge auf den Hintern» mit rund 14 Prozent am häufigsten praktiziert worden, wie es in der Mitteilung heisst. Weiter hätten rund elf Prozent der Eltern ihr Kind schon in Bestrafungssituationen gestossen, rund fünf Prozent der Eltern hätten ihr Kind schon geschüttelt.

Schütteln ist etwas, was das Kleinkindgehirn und den Säuglingskörper erheblich schädigen kann.
Autor: Oliver Bilke-Hensch Kinder- und Jugendpsychiater

Bei der Körperstrafe «Schütteln» läuten beim Kinder- und Jugendpsychiater Oliver Bilke-Hensch die Alarmglocken. «Das ist etwas, was das Kleinkindgehirn und den Säuglingskörper erheblich schädigen kann», sagt Bilke-Hensch. «Das wollen wir nicht gegen die Ohrfeige gegenüber dem 16-Jährigen aufrechnen, aber der Schaden ist schon sehr gross.»

Noch häufiger werden psychische Strafen eingesetzt, wie die Befragung zeigt. Fast 30 Prozent der befragten Eltern gaben an, ihren Kindern schon einmal mit Worten wehgetan oder sie heftig beschimpft zu haben. Rund 12 Prozent der Eltern hätten ihr Kind schon einmal erniedrigt oder lächerlich gemacht.

Kinderschutz fordert Recht auf gewaltfreie Erziehung

Die Stiftung Kinderschutz Schweiz möchte nicht nur das Recht auf gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetzbuch verankern, sondern kämpft auch mit Sensibilisierungskampagnen und Präventionsangeboten gegen Gewalt in der Erziehung.

Geschäftsführerin Regula Bernhard-Hug erklärt: «Man hat in den umliegenden Ländern gemerkt, dass weniger Eltern Gewalt in der Erziehung anwenden, wenn es eine gesetzliche Verankerung gibt und diese mit Sensibilisierungsarbeit begleitet wird. Es wirkt präventiv.»

Ein Kind versteckt sein Gesicht.
Legende: «Schläge auf den Hintern» ist laut Befragung mit 14 Prozent von den befragten Eltern am häufigsten praktiziert worden. IMAGO/Princessdlaf

Die jährliche Eltern-Befragung zeigt eine zunehmende Sensibilisierung. Noch vor fünf Jahren hatten 46 Prozent der Eltern, die Körperstrafen einsetzen, ein schlechtes Gewissen. Heute sind es bereits 77 Prozent.

Tagesschau, 17.10.2022, 19:30 Uhr ; 

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