Im Bundeshaus stand zum Auftakt der Wintersession als erstes Traktandum die Wahl von National- und Ständeratspräsident an. SVP-Ständerat Alex Kuprecht ist neuer Vorsitzender des Stöckli, die grosse Kammer hat den Berner SVP-Politiker Andreas Aebi zu ihrem neuen Präsidenten gewählt.
SRF: Herr Aebi, Sie sind nicht nur Landwirt, Sie sind auch Auktionator. Sie versteigern zum Beispiel das Inventar von aufgelösten Bauernhöfen. Jemand, der laut, viel und schnell sprechen kann – nützt das als Ratspräsident?
Nein, nicht unbedingt, das sind schon verschiedene Paar Schuhe. Aber ich bin es natürlich gewohnt, vor vielen Leuten zu stehen. Ich bin es gewohnt, situativ zu handeln, und im Rat gibt es hie und da natürlich schon Momente, wo das wichtig ist.
Dann könnten Sie vielleicht den Hammer gebrauchen, den Sie als Auktionator brauchen.
Ich habe nie einen Hammer gehabt als Auktionator. Hammer und Sichel waren nicht der grosse Erfolg in dieser Welt.
Ihre Partei besetzt im kommenden Jahr alle wichtigen Präsidien: das Nationalrats-, das Ständeratspräsidium und das Bundespräsidium: Guy Parmelin übernimmt 2021 turnusgemäss das Amt. Ist das eine gute Gelegenheit für Ihre Partei, sich ein bisschen zu profilieren? Es gab ja schon bessere Zeiten für die SVP.
Es ist sicher eine Möglichkeit, aber primär hat hier natürlich nicht die Parteipolitik Vorrang, sondern die Themen und die entsprechenden Persönlichkeiten, die da in diesen Gremien vorne stehen. Ich hoffe aber natürlich schon, dass wir das so gut machen, dass es der Partei nicht schadet, sondern eher ein wenig nützt.
Auf Ihrer Homepage beschreiben Sie sich als jemanden, der in kleinen Schritten auf ein Ziel hinarbeitet und nötigenfalls vernünftige Allianzen bildet. Das tönt nicht nach einem lauten SVP-Politiker, der auf Konfrontationskurs geht.
Das ist so, ich komme aus dem Kanton Bern, wo die SVP hundert Jahre Regierungsverantwortung hat. Und wenn man Verantwortung trägt, sieht man, dass man nicht sehr oft direkt ans Ziel kommt, sondern dass es immer wieder Zwischenschritte braucht.
Haben Sie manchmal Mühe mit dem Stil von einigen Leuten Ihrer Partei, die eben nicht in kleinen Schritten vorwärtsgehen möchten und die auch ziemlich laut sind?
Das ist unsere Politik und ich finde das manchmal nicht so gut. Aber sehr oft muss ich sagen, ja, so schlecht war es eigentlich gar nicht zur Meinungsbildung.
Sie sind Landwirt, Sie sind Auktionator. Sie lieben das Reisen und haben auch ein kleines Reisebüro. Auch ein Nationalratspräsident reist traditionsgemäss viel. Aber ausgerechnet jetzt haben wir diese Coronakrise, in der das Reisen etwas schwieriger ist...
Ich bedaure das natürlich, denn Reisen und andere Leute zu sehen ist entscheidend und wichtig. Ich bin auch Mitglied der OSZE-Delegation (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa). In Weissrussland zum Beispiel waren keine Wahlbeobachter von der OSZE, wahrscheinlich wegen der Coronakrise. Und das Desaster haben wir jetzt, wir haben wöchentlich Demonstrationen, wir haben Blutvergiessen. Das kann es nicht sein. Und es wäre wichtig gewesen, dass man hingegangen wäre. Und nicht gesagt hätte, wegen Corona findet das nicht statt.
Das Gespräch führte Gion-Duri Vincenz.