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Neues Basler Stadt-Quartier Ein ehemaliges Basler Chemieareal soll zum Wohnparadies werden

Nach 150 Jahren Chemieindustrie ist das Basler Klybeckareal mit giftigen Stoffen belastet. Führungen zeigen, wie die 300'000 Quadratmeter transformiert werden sollen.

30 Neugierige stehen vor einem alten Tor des Basler Klybeck-Werksareals, als sich dieses knarrend öffnet. An vielen Mauern bröckelt der Putz, an Scheiben hängen Spinnweben, zwischen Bahngeleisen wuchert es grün, und auf Gefahren weisen Warn- und Verbotsschilder schon an der Aussenwand hin. Sicherheitshalber betritt die Gruppe keine Bauten.

Ciba-Geigy-Bahnwagen im Klybeck-Areal
Legende: Auf alten Bahngeleisen rosten heute Tankwagen der Ciba-Geigy – eine der Vorgängerfirmen der Novartis – vor sich hin. Die Ciba-Geigy hatte im Klybeck ihren globalen Hauptsitz. SRF/Nina Gygax

Seit die chemisch-pharmazeutische Industrie vor rund einer Dekade ankündigte, ihr Werksgelände im Norden Basels aufzugeben, gibt es viele Ideen, Träume und Diskussionen, wie das künftige Quartier aussehen soll. Investoren haben das Areal gekauft, und der politische Planungsprozess ist angelaufen. 300'000 Quadratmeter in einer Schweizer Stadt sind eine enorme Fläche; entsprechend intensiv wird gerungen.

So sind auch die ersten Publikumsführungen durch Teile des Klybeck-Areals, die sonst noch nicht zugänglich sind, schnell ausgebucht. «Wir halten die Gruppen klein, weil uns der Dialog mit den Interessierten sehr wichtig ist», sagt Christian Mutschler, CEO der Investorin Rhystadt, die eingeladen hat.

Eines der grössten Schweizer Entwicklungsgebiete

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Planskizze Klybeckplus
Legende: Nicht alles wird abgerissen und neu gebaut; einzelne Werksbauten (grün) werden umgenutzt, wie die Planskizze von 2022 zeigt. zvg/Investoren-Website Klybeckplus

Das Klybeck-Werksareal in Basel liegt bei der Dreirosenbrücke und reicht vom Rhein bis zum Fluss Wiese. Es trennt das nördliche Wohnquartier vom Rest der Stadt ab.

Investoren sind die Swiss Life und eine Gruppe namens Rhystadt AG mit Entwicklungs- und Finanzunternehmen. Sie versprechen, aus dem Ex-Chemiegelände ein offenes Quartier mit Wohnungen für 8500 Menschen und 7500 Arbeitsplätzen zu machen.

Ein Drittel der Logis muss preisgünstig sein, so will es die Politik. Auch wurden 1800 zusätzliche Bäume versprochen; Fussgängerinnen und Velofahrer sollen Vorrang haben.

Gleichzeitig bahnen sich grundlegende Veränderungen am direkt benachbarten Rheinhafen an: Bis hin zur Wiese-Mündung weichen Umschlagsfirmen und Güterbahn Wohnungen und einem Park. Dereinst soll eine Uferpromenade bis ans Dreiländereck durchgehen.

Beim Rundgang sind Menschen aus dem Quartier dabei, frühere Chemie-Angestellte und auch Neuzugezogene. Sie tauchen ein in die Geschichte der Chemie- und Pharma-Konzerne und der Stadt, die dank jenen prosperiert. Zum Beispiel wurde in einem Gebäude der originale Ferrari-Rot-Farbstoff hergestellt, gleich nebenan Salbe gegen Muskelschmerzen.

Rundgang durch verbotene Zone

Die Teilnehmenden habe viele Fragen: Wo kommen Bäume hin? Wie hoch werden Bauten? Wo fährt das neue Tram? Was passiert mit den gefährlichen Altlasten? Ein Mann schwärmt bereits vom Rheinblick der am Ufer geplanten Wohnungen. «Es ist ja ein Riesenquartier», sagt ein anderer.

Wir müssen ja lernen, mit diesen Dreckstoffen umzugehen, die man hier verbrochen hat.
Teilnehmer der Klybeck-Arealführung

Gift im Boden und alten Wänden ist nach vielen Schlagzeilen ein sehr präsentes Thema an dieser Samstags-Führung. Ein Mann hofft, dass sich die Akteure zusammenraufen und das Altlasten-Problem rasch lösen. «Wir müssen ja lernen, mit diesen Dreckstoffen umzugehen, die man hier verbrochen hat», sagt ein anderer.

Unbekannte Tunnel-Stadt

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Werkstunnel im Klybeck-Areal
Legende: Mannshohe Tunnel sind im Klybeck-Boden verborgen. zvg/Rhystadt

Unter dem Klybeck-Boden sind viele der Bauten mit teils mehrstöckigen Tunnels verbunden. Allein innerhalb des Areals ist das ein verborgenes Wegnetz von 13 Kilometern Gesamtlänge.

Doch das unsichtbare Netz reicht weit darüber hinaus: Ein Tunnel führt unter dem Rhein durch ins Elsässische Nachbardorf Huningue (F) zu einer Kläranlage – grenzüberschreitendes Abwasser. Ein anderer führt Rheinwasser zur Sondermüll-Verbrennungsanlage auf der anderen Seite der Wiese, wo es zur Kühlung genutzt wird.

Angeschlossen ans Klybeck-Tunnelnetz ist sogar Novartis-Konkurrentin Roche; im Westen des Kleinbasels. «Das ist eigentlich eine Stadt unter der Stadt, unglaublich spannend», schwärmt Rhystadt-CEO Mutschler.

Mutschler verspricht, die Investoren würden ihre Sorgfaltspflicht wahrnehmen bei Neubauten, Sanierungen und auch beim Grünraum. Die meisten der bekannten und lokalisierten Giftstoffe im Klybeck müssen erst dann entfernt werden, wenn etwas verändert wird. Teils würde eine Sanierung derart aufwändig, dass der Kanton sie nicht vorschreibt, sondern selbst Denkmalwürdiges zum Abriss freigibt, wie den ikonischen «Bau 90» mittendrin am Klybeckplatz.

Ich bin überzeugt, dass der Kanton und die anderen Beteiligten einen guten Job machen werden.
Teilnehmer der Klybeck-Arealführung

An der Führung überwiegt das Vertrauen, dass die Ämter gut hinschauen. «Ich bin überzeugt, dass der Kanton und die anderen Beteiligten einen guten Job machen werden, damit das eine lebenswerte Umgebung ergibt», sagt ein Teilnehmer.

Das Klybeck-Areal liegt nicht brach, sondern die Transformation läuft; in diversen Gebäuden sind neue Mietende eingezogen, darunter der Kaufmännische Verein KV für seinen Schulbetrieb in einem Ex-Direktionsgebäude und die Basler Verkehrs-Betriebe mit einem provisorischen E-Bus-Depot.

Die Transformation ist angelaufen

Derweil feilen die Investoren angesichts der vielen Reaktionen an ihren Plänen. Bis Ende 2026 wollen sie ihren Bebauungsplan vorlegen, den man für Wohnnutzungen braucht. Wenn dieser das Parlament übersteht, sind die Stimmberechtigten am Zug. Danach folgen Baugesuche, und erste Wohnungen werden wohl frühestens 2028 bezogen.

Regionaljournal Basel Baselland, 24.8.2025, 17:30 Uhr ; 

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