Vor rund einem Jahr führte der Kanton Baselland eine Leistungslohnkomponente für Lehrkräfte ein. Kritiker monierten schon damals, dass ein Leistungslohn im Bildungsbereich kaum umsetzbar sei. Nach welchen Kriterien, so ihr Einwand, werde die Leistung bemessen und danach die die Punktezahl vergeben?
Das Parlament sagte trotzdem Ja zum Leistungslohn – jetzt liegt die erste Auswertung nach einem Jahr vor. Das Papier liegt dem «Regionaljournal Basel» exklusiv vor und ist wenig schmeichelhaft.
Männer profitieren am meisten
Zuerst fällt auf, dass im Vergleich zu den Staatsangestellen nur halb so viele Lehrkräfte die Note A+ für besonders gute Leistung erhalten. Das weist darauf hin, dass die Schulleitungen beim Verteilen der besten Note sehr zögerlich sind.
Es kann nicht sein, dass Schulleitungsmitglieder so viel besser sind als normale Lehrerinnen und Lehrer.
Die Schulleitungen hingegen werden von den Schulräten, die sie bewerten, sehr bevorzugt behandelt. Gleich 40 Prozent aller Schulleitungsmitglieder erhalten die Bestnote A+ und damit einen höheren Lohn.
Philipp Loretz, Präsident des Lehrervereins Baselland: «Es kann nicht sein, dass so viele Schulleitungsmitlieder top sind und normale Lehrerinnen und Lehrer derart abfallen.» Schliesslich werden Schulleitungsmitglieder aus dem Lehrkörper rekrutiert, Talent und Fähigkeiten dürfen dort also in etwa gleich verteilt sein.
Eine weitere Erkenntnis der Erhebung: Es sind vor allem Männer mit einem 100 Prozent Pensum, die als Schulleiter amtieren, die den Löwenanteil der bereitgestellten Gelder abholen. Frauen mit kleinem Pensum, vor allem Primarlehrerinnen, gehen weitgehend leer aus. Dies das ernüchternde Fazit der Erhebung durch das Personalamt Baselland. Der Bericht liegt seit Januar vor, doch er wurde unter Verschluss gehalten.
Zückerchen für Schulleitungsmitglieder
Pascal Ryf, Präsident der landrätlichen Bildungskommission und selber ehemaliger Schulleiter, hat eine Erklärung für das überdurchschnittlich gute Abschneiden der Schulleitungsmitglieder: «Solche Leute zu finden, ist sehr schwierig. Ich hege den Verdacht, dass mit der grosszügigen Verteilung von A+ diese Leute bei der Stange gehalten werden sollen.» Bloss: Mit guter Leistung hat das wenig zu tun, was eigentlich die Idee des Leistungslohnes ist.
Wir haben immer gesagt, dass der Leistungslohn im Bildungsbereich eine hochkomplexe Angelegenheit ist.
Philipp Loretz vom Lehrerverein sieht die Kritik seines Verbandes an der neuen Lohnkomponente bestätigt: «Wenn ich es neutral ausdrücken soll: Wir haben immer gesagt, dass der Leistungslohn im Bildungsbereich eine hochkomplexe Angelegenheit ist.»
Abwartende Haltung beim Kanton
Fabienne Romanens, Sprecherin der Baselbieter Bildungsdirektion, will die Resultate der Erhebung nicht kommentieren. Der Kanton habe auch kein Durchgriffsrecht auf die Schulleitungen und Schulräte, da diese autonom seien. Aber: «Wir gehen davon aus, dass aufgrund der Erhebung die Bewertungspraxis angepasst wird.» Sprich, dass die Schulleitungen und Schulräte aufgrund der sehr männerfreundlichen Behandlung beim ersten Durchgang bei der nächsten Lohnrunde sensibler sein werden.