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Eine Frau mit Kopfhörern von hinten am Regiepult sitzend.
Legende: Mit einer Versteigerung würde alles teurer und für einzelne Sender kaum mehr finanzierbar, warnen die Privatradios. Imago

«No Billag»-Initiative Was, wenn Radiokonzessionen versteigert würden?

Ein Satz im Initiativtext könnte einschneidende Folgen haben – auch für private Radios, die keine Gebühren erhalten.

Die Versteigerung von Konzessionen für Radio und Fernsehen, wie sie die Initiative des «No Billag»-Komitees verlangt, ist für den Direktor des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom) ein Mysterium. «Das ist eine grosse Unbekannte», sagt Philipp Metzger. Denn die Initiative definiert nicht, was die Konzessionen beinhalten sollen, die der Bund versteigern müsste.

Künftig für den Meistbietenden

Heute braucht ein Sender eine Konzession, wenn er Gebührengelder bezieht oder wenn er einen Platz auf Verbreitungskanälen möchte, die aus technischen Gründen begrenzt sind. Das ist vor allem im Radiobereich der Fall – bei den Funkfrequenzen UWK und DAB+.

Den Entscheid, wer eine Konzession erhält, fällt das Bakom. Dabei kommt laut Metzger zurzeit ausdrücklich nicht der Meistbietende zum Zug, wie es die «No Billag»-Initiative künftig vorschreiben möchte. «Heute werden Konzessionen im Rundfunkbereich nach Kriterien vergeben. Das ist eine sehr komplexe Vergabe, die vor Gericht angefochten werden kann. Und hier eine Versteigerung, das ist ein Marktmechanismus. Es geht um Geld. Und dabei werden natürlich jene eher zum Zuge kommen, die viel Geld haben.»

Bei einer Versteigerung werden natürlich jene eher zum Zuge kommen, die viel Geld haben.
Autor: Philipp Metzger Bakom-Direktor

Doch wie sollte die Versteigerung von Konzessionen konkret abgewickelt werden? In den schriftlichen Unterlagen des «No Billag»-Komitees findet man dazu nichts. Fragen wir also einen der Initianten. Die Antwort kommt von Andreas Kleeb: «Wie die Versteigerung genau ablaufen soll, kann man heute schon bei der Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen in der Praxis schauen, wo Swisscom, Salt und Sunrise anbieten.»

UKW-Frequenzen ersteigern

Bei einem Ja zur «No Billag»-Initiative würden Empfangsgebühren abgeschafft, Konzessionen für Gebührenanteile würde es also keine mehr brauchen. Ersteigern müsste ein Radioveranstalter hingegen eine Konzession, wenn er weiterhin auf UKW senden möchte. Noch bis Ende 2024 ist dies möglich, dann soll UKW in der ganzen Schweiz komplett abgeschaltet werden.

Initiant Andreas Kleeb: «Das ist so. Die müsste ersteigert werden. Aber die Bundesrätin hat mitgeteilt, dass ja da noch eine Übergangsregelung ist von zwei bis drei Jahren.» Er bezieht sich auf Aussagen von Bundespräsidentin Doris Leuthard, wonach die Versteigerung von Konzessionen vom Parlament noch in einem Gesetz geregelt werden müsste, was zwei bis drei Jahre dauern kann.

Ein grosses Problem für Privatradios

Doch auch eine Versteigerung von UKW-Frequenzen für die verbleibenden Jahre ist für die privaten Sender ein Schreckenszenario. Jürg Bachmann, Präsident des Verbands Schweizer Privatradios: «Das wird sicher zu einem Problem. Und es ist vor allem eine Abkehr von der geltenden Ordnung.»

Bachmann betont, der Bundesrat habe erst gerade Ende Oktober entschieden, alle bestehenden Radiokonzessionen für Privatsender bis Ende 2024 zu verlängern. «Unsere Radios gehen davon aus, dass sie die Konzessionen für UKW bis 2024 auf sicher haben.» Doch das Bakom sieht das anders. Auf Anfrage von Radio SRF hält es schriftlich fest: «Falls Radio auch nach einer Annahme der Initiative über UKW verbreitet werden soll, müssen diese Konzessionen neu versteigert werden.»

Auch DAB-Plätze gefährdet

Gar noch grösser würden die Probleme für Privatsender, die ihre Programme auf dem digitalen Weg über DAB+ ausstrahlen. Diese Verbreitungsform ist stark am wachsen. «No Billag»-Initiant Kleeb hält zwar fest: «DAB+ müssen Sie nicht versteigern, es geht ausschliesslich um die UKW-Frequenzen.» Denn DAB+-Frequenzen seien unbeschränkt verfügbar.

Doch da täuscht sich Initiant Kleeb. Knappe Güter, sprich Frequenzen oder Programmplätze, werde es auch unter digitalen Bedingungen voraussichtlich weiterhin geben, schreibt das Bakom. Die DAB+-Frequenzblöcke würden im internationalen Rahmen an einzelne Länder verteilt. Die Schweiz habe pro Sprachregion sieben Frequenzblöcke erhalten, sogenannte DAB-Layers.

Wie die Versteigerung genau ablaufen soll, kann man heute schon bei der Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen schauen.
Autor: Andreas Kleeb «No Billag»-Initiant

Auf jedem Layer hat es laut Bakom Platz für maximal 18 Programmplätze. Vermarktet werden die Layers von drei Unternehmen in der Schweiz, die dafür vom Bakom eine Funkkonzession erhalten haben. Damit einzelne Privatradios einen Platz auf den Layers auf sicher haben, garantiert ihnen das Bakom in der jeweiligen Veranstalterkonzession ein Zugangsrecht zu DAB+.

Privatradios befürchten Kostenexplosion

Eine Versteigerung würde das alles in Frage stellen, wie der Präsident des Verbands Schweizer Privatradios sagt. Denn ein Layer mit 18 Plätzen müsse gefüllt sein, damit er für die Vermarkter rentiere. Wenn Sender nun künftig einzeln DAB+-Konzessionen ersteigern müssten, hätten sie keine Garantie auf einen DAB-Platz mehr, sagt Bachmann. «Wenn Sie also der 19. und der 20. Sender sind, der auf einen Layer möchte, laufen Sie Gefahr, dass Sie warten müssen, bis 16 andere gefunden worden sind und Sie also keinen Zugang zu dieser Technologie haben.»

Mit dem heutigen System ist sichergestellt, dass es in allen Regionen Privatradios gibt. Dieses System könnte in dieser Form gar nicht fortgesetzt werden.
Autor: Jürg Bachmann Präsident des Verbands Schweizer Privatradios

Abgesehen davon, dass mit einer Versteigerung alles teurer würde und für einzelne Privatsender kaum mehr finanzierbar, warnt Bachmann. Mit dem heutigen System sei sichergestellt, dass es in allen Regionen Privatradios gebe. Mit der «No-Billag»-Initiative hingegen würde sich dies ändern: «Dieses System würde völlig auf den Kopf gestellt beziehungsweise könnte in dieser Form gar nicht fortgesetzt werden», stellt Bachmann fest.

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