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Novum in der Schweiz Steiner-Schule will neu Lehre und Wirtschaftsschule anbieten

Bisher bot die Steiner Schule Volksschule und Mittelschule an. Neu ist die Lehre, die im Sommer im Aargau starten soll.

In einer Schreinerei oder auf der Gemeindeverwaltung die dreijährige Lehre absolvieren, gleichzeitig oder danach die Berufsmatur machen, das ist eine Möglichkeit, die Lernenden im dualen Bildungssystem der Schweiz zur Verfügung steht. Danach können sie eine Fachhochschule besuchen.

Wie unterrichten Rudolf-Steiner-Schulen?

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Gebäude
Legende: Das Goetheanum in Dornach (SO), ein Bau ohne Ecken und Kanten, bewusst nach den Vorstellungen von Rudolf Steiner. Keystone/Georgios Kefalas

In der Schweiz heissen sie Steiner-Schulen, in Deutschland Waldorf Schulen. Die Schulen unterrichten nach der Waldorfpädagogik von Rudolf Steiner (1861–1925).

Rudolf Steiner war Österreicher, Anthroposoph, Esoteriker, Philosoph und Goethe-Forscher. Er liess sich später im solothurnischen Dornach nieder. Dort hat er 1920 eine Bildungsstätte eröffnet, das Goetheanum. Es ist heute noch das Epizentrum der Anthroposophen.

Steiners Art von Pädagogik richtet sich nach der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen. «Das Ziel ist die Erziehung zur Freiheit und die Entwicklung von Selbstständigkeit, Kreativität und Verantwortungsbewusstsein. Im Vordergrund steht die ganzheitliche Förderung der Entwicklung», schreibt die Steiner-Schule Schafisheim zum Beispiel über das Unterrichtskonzept auf ihrer Website.

Wer die private Steiner-Schule im Aargau besucht, kann Matur machen, zum Beispiel an der Atelierschule in Zürich. Aber Lehrabschluss samt Eintrittsticket an eine Fachhochschule gibt es nicht. Das ändert nun. Die Rudolf-Steiner-Schule im aargauischen Schafisheim geht nach 40 Jahren neue Wege. Sie plant als erste in der Schweiz eine Ausbildung in der beruflichen Grundbildung an, mit Fokus Wirtschaft.

Mit der Zeit gehen?

Am Ende der neuen Wirtschaftsmittelschul-Ausbildung hat eine Steiner-Schülerin ein eidgenössisches KV-Fähigkeitszeugnis (EFZ) plus eine Art Berufsmaturität (IMS-Abschluss), der den Besuch bestimmter Studiengänge an einer Fachhochschule erlaubt.

Schule
Legende: Der Neubau der Rudolf-Steiner-Schule in Schafisheim. Die Schule will sich weiterentwickeln und bietet neu einen Lehrabschluss samt IMS-Abschluss an. SRF

Jan-Christoph von Deschwanden, Projektleiter und Lehrer an der Privatschule in Schafisheim, begründet die Neuerung so: «Jedes Unternehmen muss sich entwickeln, erst recht eine Privatschule. Wir wollten attraktiv bleiben.»

Jedes Unternehmen muss sich entwickeln, erst recht eine Privatschule
Autor: Jan-Christoph von Deschwanden Projektleiter Steiner-Schule Schafisheim

Das Angebot richtet sich nicht nur an Steiner-Schüler, sondern auch an Abgänger der Volksschule. Im Sommer 2027 ist der erste Wirtschaftsmittelschul-Lehrgang fertig.

Was ist ein IMS-Abschluss?

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IMS F ist ein steinerschulspezifischer Abschluss, der den erfolgreichen Abschluss der Integrativen Mittelschule (IMS) nachweist. Er öffnet gemäss Steiner-Schule den Weg an höhere Fachschulen (HF) und Fachhochschulen (FH) .

Matur via Steiner Schule

Wer eine private Steiner-Schule in der Region Bern oder Basel besucht, kann die Matur machen, wenn er an ein Gymnasium übertritt oder die Vorbereitung auf die Schweizer Matur besucht. In Zürich bietet die Atelierschule eine «Inhouse-Matur an».

Drei Jahre Theorie, ein Jahr Praktikum

Die ersten drei Jahre absolvieren die Wirtschaftsmittelschüler Pflichtfächer wie Französisch, Mathematik, Deutsch, aber auch Finanz- und Rechnungswesen, Wirtschaftsgeografie und Kommunikation. Nach drei Jahren Theorie folgt die Praxis, ein einjähriges Praktikum in einem kaufmännischen Betrieb.

Wirtschaftsleben und die Schule, die sozialen Gedanken, Kreativität und freies Leben zelebriert, passt das zusammen? Jan-Christoph von Deschwanden von der Steiner-Schule Schafisheim bejaht: «Rudolf Steiner hat sich Gedanken gemacht, wie eine Gesellschaft vernünftig und logisch aufgebaut sein kann. Dazu gehören Schulen, aber eben auch der Bereich der Wirtschaft unter dem Ideal der Brüderlichkeit.»

Haus
Legende: Die Rudolf-Steiner-Schule in Schafisheim. Hier können die Schülerinnen und Schüler bis zur 9. Klasse zur Schule. Danach können sie eine Matur absolvieren, müssen dafür aber nach Zürich an die Atelierschule der Steiner Schule. SRF

Seit einigen Jahren gebe es Unternehmen, die Wirtschaft neu denken würden, glaubt Projektleiter von Deschwanden. «Zum Beispiel die Firma Freitag in Zürich, die sehr auf Nachhaltigkeit setzt. Solche Firmen wollen wir gewinnen.»

Wirtschaft hofft auf Fachkräfte

Die Wirtschaft selbst ist offen für die neue Ausbildung der Steiner Schule. Beat Bechtold, Direktor der Aargauischen Industrie- und Handelskammer, kannte das Konzept bisher nicht. Es überrasche ihn, aber sei willkommen: «Es ist sicher ein wichtiges und richtiges Angebot, wenn man das mit Blick auf den Fachkräftemangel anschaut. Es werden Leute ausgebildet, die im Arbeitsmarkt eingesetzt werden können.»

Das ist ein richtiges Angebot mit Blick auf den Fachkräftemangel.
Autor: Beat Bechtold Direktor Aargauische Industrie- und Handelskammer

Allerdings müssten die kantonalen und nationalen Vorgaben der beruflichen Grundbildung erfüllt werden, hält Bechtold von der Aargauischen Handelskammer fest. Er denkt an eine Lehrabschlussprüfung, zum Beispiel. Die Steiner-Schule Schafisheim plant das ab Schuljahr 2023/24 anzubieten.

Momentan fehlen der Schule noch 15 Plätze in Unternehmen, die die einjährigen Praktika anbieten. Der Antrag für die neue Wirtschaftsmittelschule liegt noch beim Kanton. Im Sommer 2023 soll die Premiere an der Privatschule starten. Dann zeigt sich, wer sich für diesen Einstieg in die Wirtschaft entscheidet.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 06.03.2023, 06:31 Uhr ; 

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