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Obligatorisches Schulfach Informatik-Lehrende an Gymnasien dringend gesucht

2022 wird Informatik an Gymnasien obligatorisch. Die Suche nach Lehrpersonen ist schwierig, wie das Beispiel Bern zeigt.

Programmieren, Datenbanken anlegen, Algorithmen verstehen: Dieses Wissen müssen Maturandinnen und Maturanden bald zwingend haben. Ab August 2022 wird Informatik als obligatorisches Fach am Gymnasium eingeführt. Einige Kantone haben mit der Einführung bereits vor einiger Zeit begonnen, so zum Beispiel Bern, Freiburg und Wallis. Im Kanton Bern wurde der obligatorische Informatikunterricht 2019 eingeführt.

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Legende: Informatik wird für die Matura zum obligatorischen Schulfach. Doch wer bildet die Studierenden aus? Keystone

Auch eine Frage des Geldes

Bern hat dabei jedoch festgestellt: Geeignete Lehrpersonen zu finden, ist nicht einfach. Matthias Küng, Rektor am Gymnasium Neufeld in Bern bezeichnet die Suche gar als «schwierig». «Neben der fachlichen Ausbildung ist auch die didaktische wichtig», sagt Küng. Und da hapert es zum Teil, weil eine solche Ausbildung bis jetzt nur von wenigen Personen in der Schweiz absolviert wurde. Auch die Konkurrenz mit der Privatwirtschaft ist gemäss Küng ein Grund für die schwierige Suche. «Die Löhne für gut ausgebildete Informatikpersonen sind in der Privatwirtschaft meist höher.»

Zu wenig Praxis nah? Kritik am Informatikunterricht

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Rolf Schaub setzt sich mit seinem Verein ICT-Scouts/Campus für die Informatikausbildung der jungen Leute ein. Er befürchtet, dass der Unterricht «zu theoretisch» ist, da die Lehrpersonen eher aus dem Schul- denn IT-Umfeld kommen. «Man darf die Jungen nicht vergraulen, sondern sollte ihnen die Faszination für das Thema wecken.» Er befürchtet auch, dass die Lehrpersonen nicht mit der schnelllebigen IT-Welt mithalten können.

Mario Battaglia von der bernischen Bildungsdirektion kann die Befürchtungen nicht nachvollziehen. «Die Lehrkräfte bilden sich stetig weiter. Die Weiterbildungen sind gut besucht.» Er betont auch, dass der Informatikunterricht an den Gymnasien die Jungen nicht auf eine Lehre oder ähnliches vorbereiten sollen. «Der Unterricht ist viel ganzheitlicher», so Battaglia. Es gehe beispielsweise auch um die kritische Auseinandersetzung mit der Computerwelt – und nicht nur ums Programmieren.

Matthias Küng behilft sich, in dem er – wie andere Schulleitungen auch – Personen anstellt, die nicht über die nötigen Ausbildungen verfügen. Deshalb springen zum Beispiel Geografielehrerinnen oder Mathematiklehrer ein. «Es sind auch Leute darunter, die nicht über die nötigen didaktischen Ausbildungen verfügen.» Das seien aber befristete Engagements. Diesen Personen wird nahegelegt, die nötigen Ausbildungen zu absolvieren.

Leidet der Unterricht?

Nun ziehen weitere Kantone nach und führen den obligatorischen Informatikunterricht ein. Gut möglich, dass Schulen aus anderen Kantonen geeignete Personen abwerben.

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Legende: Es unterrichten auch Quereinsteiger die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten. Sie sollen aber eine Ausbildung nachholen. Keystone

Das Problem werde sich akzentuieren, befürchtet Mario Battaglia, bei der bernischen Bildungsdirektion für die Mittelschulen zuständig. Er bezeichnet die Suche nach geeigneten Lehrpersonen als eine «Herausforderung». Er verweist aber auch auf die von den Kantonen initiierte Ausbildung für Informatikpersonen, welche von der Universität Freiburg organisiert wird.

Neue Ausbildung für Informatikpersonen

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Die Kantone haben eine Ausbildung für berufstätige Maturitätsschullehrpersonen aufgebaut. Sie wendet sich an Lehrpersonen, die sich berufsbegleitend für den Unterricht des obligatorischen Fachs Informatik qualifizieren wollen.

An der Ausbildung beteiligen sich mehrere Universitäten und Pädagogische Hochschulen aus den verschiedenen Sprachregionen. Koordiniert wird das Angebot von der Universität Freiburg (GymInf).

In beiden Sprachregionen (Deutsch- und Westschweiz) wird die Ausbildung insgesamt zwei Mal angeboten. Im Frühjahrsemester 2020 begann der erste deutschsprachige Ausbildungsgang; ein Semester später startete die Durchführung des französischsprachigen Erweiterungsstudiengangs. Der zweite Durchgang startet für beide Sprachregionen im Herbstsemester 2021.

Auch wenn derzeit Personen ohne entsprechende Ausbildungen unterrichten, sei die Qualität des Unterrichts nicht gefährdet. «Bei den Rückmeldungen der Schülerinnen und Schülern haben wir keine Auffälligkeiten feststellen müssen.»

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 2.6.2021, 17:30 Uhr

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