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Öffentlichkeitsgesetz Luzern will nicht länger die Dunkelkammer der Nation sein

In den meisten Kantonen gilt das Öffentlichkeitsprinzip. Luzern setzt auf Geheimhaltung – doch das könnte sich ändern.

Amtliche Akten, die nicht explizit als geheim deklariert wurden, sind öffentlich: Das ist die Idee des Öffentlichkeitsprinzips. Protokolle, Gutachten oder Untersuchungsberichte der Verwaltung sind damit grundsätzlich für alle Bürgerinnen und Bürger einsehbar, ebenso für Medienschaffende.

Diese Idee hat sich in der Schweiz Schritt für Schritt durchgesetzt, seit Bern als erster Kanton das Öffentlichkeitsprinzip 1995 in seiner Verfassung verankerte. 2006 setzte der Bund ein Öffentlichkeitsgesetz für die Bundesverwaltung in Kraft, die meisten Kantone folgten nach. Nur einer hat sich bis heute standhaft dagegen gewehrt: Luzern.

Öffentlichkeitsprinzip: Überall aufgegleist

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Luzern ist nicht der einzige Nachzügler in Sachen Öffentlichkeitsprinzip – aber soweit davon entfernt wie sonst kein Kanton. Thurgau erhält noch in diesem Jahr ein Öffentlichkeitsgesetz, Glarus Anfang 2023. In Ob- und Nidwalden haben die Parlamente bereits die Weichen gestellt, Gesetzesvorlagen sind in Ausarbeitung.

Doch nun scheint dem grössten Zentralschweizer Kanton die Vorstellung nicht mehr zu behagen, die letzte Dunkelkammer der Schweiz zu sein: Die Kantonsregierung hat am Dienstag bekannt gegeben, dass sie einen Vorstoss aus der Staatspolitischen Kommission des Parlaments unterstützt, der die Einführung eines Öffentlichkeitsgesetzes fordert.

Der Tenor bisher: teuer und unnötig

Dass der Anstoss für das Öffentlichkeitsprinzip aus dem Kantonsparlament kommt, mag auf den ersten Blick erstaunen. 2015 und 2018 lehnte die bürgerliche Mehrheit der Kantonsrätinnen und Kantonsräte das Ansinnen noch ab – zu gross sei der Aufwand, zu gering das Interesse bei Bevölkerung und Medien, hiess es damals.

Blick von der Zuschauertribüne auf den Saal des Luzerner Kantonsparlaments.
Legende: Der Luzener Kantonsrat: Hier scheiterte das Öffentlichkeitsprinzip in den vergangenen zehn Jahren bereits zweimal. Keystone

Doch seither seien «die Anforderungen sowie die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an die Transparenz des politischen und behördlichen Handelns gestiegen», schreibt nun die Kommission. Die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips könne da «eine vertrauensfördernde Wirkung entfalten und als politisches Signal verstanden werden», heisst es im Vorstoss weiter.

Parlament will Vertrauen wieder gewinnen

Vertrauensförderung ist das Schlüsselwort. Denn das Verhältnis zwischen Bevölkerung und Politik war auch schon besser im Kanton Luzern. 2017 lehnten die Stimmberechtigten inmitten einer angespannten Finanzsituation das Budget ab, das eine Steuererhöhung vorgesehen hatte – eine Klatsche für die Regierung und sämtliche Parteien, ausser für die SVP, die das Budget mit ihrem Referendum an die Urne gebracht hatte. Der Befund einer externen Studie, die die Regierung darauf in Auftrag gab, war eindeutig: Das Vertrauen in die politischen Institutionen war erschüttert.

Eine Velofahrerin vor dem Luzerner Regierungsgebäude.
Legende: Das Luzerner Regierungsgebäude: Eine Studie kam zum Schluss, dass es nicht mehr weit her ist mit dem Vertrauen in die politischen Institutionen. Keystone

In einem «Planungsbericht über die politische Kultur» präsentierte die Regierung 2020 Vorschläge, wie das Vertrauen wieder hergestellt werden könnte. Einer davon war das Öffentlichkeitsprinzip. Nachdem aus dem Parlament ein entsprechender Vorstoss gekommen ist und die Regierung ihre Unterstützung dazu signalisiert, kommt nun auch Luzern einem Öffentlichkeitsgesetz näher.

Wichtiges Instrument für Medien

Medienschaffende würden dies begrüssen – für sie ist das Gesetz zu einem wichtigen Arbeitsinstrument geworden. «Das Öffentlichkeitsgesetz ist eine andere Art, um an Informationen zu kommen, und ermöglicht es, den Behörden besser auf die Finger schauen zu können», sagt Fiona Endres, Co-Leiterin des SRF-Investigativdesks.

Allerdings gebe es weiterhin Dokumente, die vom Öffentlichkeitsprinzip ausgenommen seien, so Endres. Zudem würden Behörden Einsichtsgesuche auch immer wieder ablehnen, was Schlichtungsverfahren oder gar den Gang vor Gericht nach sich ziehen könne. Manche Behörden hätten auch begonnen, gewisse Entscheide nicht mehr schriftlich festzuhalten – «damit es keine Dokumente gibt, die unter das Öffentlichkeitsgesetz fallen».

Regionaljournal Zentralschweiz, 1.2.2022, 06:30 Uhr ; 

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