Vor über 10 Jahren musste der Bundesrat die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den Amerikanern einstellen. Die helvetischen Bauern hatten klipp und klar durchgegeben, dass sie nicht mitmachen, wenn das Abkommen mehr Konkurrenz durch billige US-Agrarprodukte bedeutet. Auch jetzt wieder möchten Schweizer Industrielle über den Abbau von technischen Handelsbarrieren und Zöllen reden – bevor es die EU tut. Dieses Mal mit vier südamerikanischen Staaten, darunter Brasilien und Argentinien.
Stolperstein dürften aber wiederum die Schweizer Bauern sein, die jetzt schon Nein sagen zu jeglicher Öffnung. Teilweise mit gutem Grund: Gegen die südamerikanische Landwirtschaft mit ihren Riesenflächen hätten hiesige Landwirte häufig keine Chance.
Rückendeckung vom Volk
Die Schweizer Landwirte wissen mit der heute vorgestellten, breiten Allianz nicht nur bäuerliche Organisationen und Tierschützer auf ihrer Seite. Sie können auch auf die Unterstützung aus dem Volk rechnen. Bauernvertreter werden regelmässig ins Parlament gewählt, die Subventionen für die Landwirtschaft von jährlich rund 3,5 Milliarden Franken sorgen kaum je für grosse Wellen oder gar einen Proteststurm.
Es scheint, als ob die Steuerzahlenden mit ihren Bauern durchaus zufrieden sind – und in Kauf nehmen, dass die Industrie sehnlichst erwünschte Handelsabkommen mit andern Weltgegenden wegen der Bauern nicht abschliessen kann. Der Hinweis, dass die Industrie knapp 20 Prozent zum Schweizer Bruttoinlandprodukt beiträgt und dies erst noch ohne Subventionen, die Landwirtschaft hingegen sehr teuer ist und ihr BIP bei mageren 0,7 Prozent liegt, scheint auch nicht zu verfangen.
Chancen ausloten
Der Grund dürfte wohl darin liegen, dass Bauern etwas produzieren, was wir alle brauchen: Lebensmittel, Industrielle hingegen in Anführungszeichen gesetzt, «nur» Maschinen, Schrauben und Roboter.
Vorderhand kann sich die Schweiz den grosszügigen Umgang mit den Bauern auch noch leisten. Allerdings: Schwindet die Bereitschaft, die Bauern mit Milliarden zu unterstützen, dann dürfte das Pendel umso wuchtiger zurückschlagen. Die Bauern und ihre Vertreter täten deshalb gut daran, in Sachen Marktöffnung die Augen nicht komplett zu verschliessen, sondern nüchtern auszuloten, wo eine Marktöffnung Chancen bietet und wo nicht.