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Krankenkassen-Willkür bei Krebs-Patienten?
Aus Puls vom 30.09.2019.
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Off-Label-Use Studie zeigt Ungleichbehandlung durch Krankenkassen

Krankenkassen in der Kritik: Kostengutsprachen von nicht zugelassenen Krebs-Medikamenten hängen vom Zufall ab.

Benjamin Kasenda vom Universitätsspital Basel und sein Team haben tausende Patientenakten durchgearbeitet. Das Ziel: Herauszufinden, nach welchen Kriterien Krankenkassen Kostengutsprachen für nicht zugelassene Krebs-Medikamente geben. Sie durchforsteten Akten von 2013-2018 der drei grossen Krebs-Kliniken Unispital Basel, Inselspital Bern und Kantonsspital St. Gallen.

Heute fällt rund jedes dritte verschriebene Medikament in der Krebsbehandlung in die Kategorie «off label». Diese Mittel sind für diese spezifische Behandlung offiziell noch nicht oder so nicht zugelassen. Sei es, weil das Bundesamt für Gesundheit (BAG) noch keinen Preis aushandeln konnte mit dem Hersteller, oder weil das Medikament erst für eine andere Krebsart zugelassen ist.

Ein Drittel der Gesuche wird abgelehnt

Benjamin Kasenda stellte fest, dass etwa ein Drittel aller Gesuche für Kostengutsprachen von den Kassen abgelehnt werden. Aber was vor allem stört: der Entscheidungsprozess erscheint intransparent und zufällig.

Obwohl das Gesetz in Art. 71 a-f KVV vorschreibt, dass die Studienlage mitentscheidend ist, ob ein Medikament bewilligt wird, hängt der Entscheid oft nicht von den Aussichten ab, von einem Medikament zu profitieren. Das hat Benjamin Kasenda am meisten überrascht: «Also wir würden ja davon ausgehen, je besser die klinische Evidenz, je besser die wissenschaftliche Belegbarkeit der Effektivität, dass die Chancen steigen. So einen klaren Zusammenhang sehen wir momentan nicht.»

Unterschiede selbst innerhalb der gleichen Krankenkasse

Und: Gesuche von Patientinnen und Patienten in der gleichen Krankheitssituation werden von den Kassen unterschiedlich beurteilt. Obwohl ihre Fälle vergleichbar sind und zum gleichen Schluss führen sollten. Ja sogar innerhalb derselben Krankenkassen kann es zu unterschiedlichen Antworten zu gleich gelagerten Fällen führen.

Das legt den Schluss nahe: Statt auf die Patienten-Geschichte einzugehen, hängt es eher vom Zufall ab, ob ein Patient ein Medikament bekommt oder nicht. Die Zahlenauswertung ist noch nicht vollständig, aber der Trend eindeutig.

Für Benjamin Kasenda ist klar: «Momentan scheint es so, dass die Krankenkasse ihre eigenen Kriterien haben, wie sie entscheiden. Wir denken, der Prozess muss standardisiert sein, dass alle Kassen nach den gleichen Kriterien beurteilen und dann ihren Beurteilungsprozess auch transparent machen.»

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