Sollen Parteien und Politiker offenlegen, wer sie im Wahlkampf unterstützt? Über diese Frage wird auch in der Schweiz regelmässig und heftig gestritten. Ein Fall aus Basel zeigt nun, dass eine Offenlegung durchaus ihre Tücken haben kann.
So hatte die GLP-Regierungsrätin Esther Keller vor ihrer Wahl im November 2020 als einzige Kandidatin ihre Geldgeber bekannt gegeben. Nun ist aber genau einer dieser Geldgeber in ein Millionen-Geschäft mit dem Kanton verwickelt. Politikerinnen und Politiker aus verschiedenen Lagern fragen sich, ob Keller bei diesem Geschäft nicht hätte in den Ausstand treten müssen.
Die Vorgeschichte
Im August 2020, mitten im Wahlkampf, hatte Keller via Twitter öffentlich gemacht, wer ihre Werbekampagne finanziert, also wie viel sie von ihrer Partei erhält und wie viel von Privaten und Sponsoren aus der Wirtschaft. Unter den Spendern war auch ein gewisser Anthony Vischer, der ihr 15'000 Franken überwies. Keller wurde dann im November 2020 als erste Vertreterin der Grünliberalen in die Basler Regierung gewählt.
Der Millionen-Deal mit dem Kanton
Mitte Januar 2022 gab die Basler Regierung bekannt, dass der Kanton im Kleinbasel ein 23'000 Quadratmeter grosses Areal kauft, mit rund 200 Wohnungen. Mit diesem Kauf will die Regierung preisgünstigen Wohnraum sichern. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart, Insider gehen von einem Wert von über 200 Millionen Franken aus. Bekannt ist jedoch, wer dem Kanton das Areal verkauft hat: Anthony Vischer.
Liegt ein Interessenskonflikt vor?
Wie üblich wurde auch dieser Deal in der Regierung besprochen und abgesegnet. Recherchen des «Regionaljournal Basel» von Radio SRF zeigen, dass bei den Diskussionen und der Abstimmung innerhalb der Regierung auch Esther Keller dabei war. Regierungssprecher Marco Greiner bestätigt: «Bei der Genehmigung des Kaufs ist niemand des Regierungsrats in den Ausstand getreten.»
Keller selber will sich zur Frage, ob es hier allenfalls einen Interessenskonflikt gegeben hat, nicht äussern. Anders sehen dies Politiker der bürgerlichen Parteien FDP und SVP. Sie finden: Keller hätte bei dem Millionen-Geschäft nicht mitreden dürfen.
Die Reaktionen
Für FDP-Grossrat Luca Urgese ist das Verhalten Kellers «problematisch» zumal Vischer auch der grösste Geldgeber von Keller gewesen sei. Es sei klar, dass hinter diesem Geschäft grosse finanzielle Interessen stünden. Ein Interessenskonflikt sieht auch SVP-Grossrat Joël Thüring: «Es wäre sinnvoll, wenn man bei einem solchen Deal, der ja nicht unumstritten ist, in Ausstand tritt.» Anders sieht dies Lisa Mathys, Co-Präsidentin der Basler SP. Sie findet, Keller habe sich richtig verhalten. «Es gibt keinen Anlass zu glauben, dass es eine persönliche Betroffenheit Kellers gab oder gar eine Bereicherung vorliegt.» Auch Markus Müller, Professor für Staatsrecht an der Uni Bern, ist dezidiert der Meinung, dass Keller nicht hätte in den Ausstand treten müssen.
Und nun?
SP-Präsidentin Mathys betont, dass dieser Fall zeige, wie wichtig Transparenz im Wahlkampf sei. «Nur so kann man die richtigen Fragen stellen und auch darüber diskutieren.» Die Frage der Transparenz bei der Finanzierung von Wahlkämpfen ist derweil in Basel unabhängig vom Fall Keller ein Thema. So hat das Kantonsparlament vor kurzem einen Vorstoss überwiesen, der mehr Transparenz fordert. Während Linke und GLP für eine Offenlegung sind, lehnen Bürgerliche und die Mitte-Partei diese ab. Die Tücken der Transparenz von Esther Keller dürfte demnach noch länger zu reden geben.