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Offizialdelikt in der Schweiz Keine Strafverfahren wegen Genital-Verstümmelung

  • Die Beschneidung der weiblichen Genitalien ist in der Schweiz seit fünf Jahren ein Offizialdelikt.
  • Doch laut der Zeitung «reformiert» ist es in dieser Zeit noch zu keinem Fall von Strafverfolgung gekommen.
  • Fachstellen wollen nun noch mehr sensibilisieren, unter anderem mit einer neuen Informations-Plattform im Netz.

In afrikanischen Ländern wie Somalia, Eritrea oder Äthiopien sind über 80 Prozent der Frauen beschnitten. Mit der Zuwanderung aus diesen Ländern wurde die Verstümmelung weiblicher Genitalien auch in der Schweiz zum Thema.

Das Bundesamt für Gesundheit schätzt, dass hier gegen 15'000 Frauen und Mädchen betroffen sind. Wer ein Mädchen beschneidet oder es beschneiden lässt, muss mit bis zu zehn Jahren Gefängnis rechnen. Warum aber kam es in den letzten fünf Jahren noch zu keiner Strafverfolgung? Nadia Bisang leitet beim katholischen Hilfswerk Caritas das Projekt gegen Mädchenbeschneidungen.

Verbot als Argument gegen familiären Druck

Sie glaubt, das Gesetz habe eine vorbeugende Wirkung. Die Betroffenen könnten sagen: «Es ist verboten, wir bekommen Probleme, wenn wir es tun. Und sie können sich damit auch gegen den Druck von den Herkunftsfamilien schützen.» Andererseits würden solche Eingriffe wohl auch im Versteckten gemacht.

Bei der Beschneidung der weiblichen Genitalien wird entweder die Vorhaut der Klitoris eingestochen, geritzt oder weggeschnitten. Im Extremfall werden die grossen und kleinen Schamlippen teilweise oder sogar ganz entfernt.

Beschneidung weder in der Bibel noch im Koran

Betroffen sind Musliminnen ebenso wie Christinnen. Dabei verlangen weder der Koran noch die Bibel diese grausame Praxis. Es ist vor allem eine patriarchalische Tradition, um den Frauen ein befriedigendes Sexualleben zu verwehren. Ein Tabuthema, so Bisang: «Es schwierig, die Familien zu erreichen.»

Darum haben verschiedene Organisationen kürzlich eine neue Plattform aufgeschaltet. Dort gibt es in sechs Sprachen Informationen zum Thema. Auch Migrantinnen und Migranten haben daran mitgearbeitet – in der Hoffnung, dass sich die Lage der jungen Mädchen und Frauen aus ihrer Heimat verbessert.

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