Das Wichtigste in Kürze
- Tracker registrieren, welche Websites der Nutzer besucht und für welche Produkte er sich interessiert.
- Diese Daten sind ein Milliardengeschäft. Sie ermöglichen etwa personalisierte Werbung oder gar personalisierte Preise. Aber auch ganze Persönlichkeitsprofile.
- Mit Blockern kann man sich gegen Tracker schützen.
Wer surft, kennt das: Interessiert man sich in einem Webshop zum Beispiel für Turnschuhe, taucht später auf einer ganz anderen Website Werbung auf für – genau: Turnschuhe. Es könnten auch Hosen, Kissen, Bohrer oder ganz andere Produkte sein.
«Das ist so, weil wir auf Websites permanent überwacht werden», sagt SRF-Digitalredaktor Reto Widmer. Und zwar von sogenannten Trackern. Das sind kleine Programme, welche der Betreiber in seine Website integriert.
Tracker spionieren Konsumgewohnheiten aus
Aus Benutzersicht machten viele davon Sinn, sagt Widmer. «Tracker geben dem Betreiber Rückmeldungen, ob seine Seite gut funktioniert oder ob die Nutzer eher orientierungslos sind.» Mit solchen Rückmeldungen kann ein Betreiber seine Website also benutzerfreundlicher gestalten.
Doch viele Tracker haben etwas ganz anderes im Visier: Sie registrieren, für welche Produkte wir uns interessieren. Diese Daten werden im grossen Stil für Werbezwecke gehandelt.
Dutzende Tracker auf einer Website
Spezielle Programme wie etwa Lightbeam machen die teilweise Dutzende Tracker einer Website sichtbar. Klickt man etwa verschiedene Websites von Schweizer Tageszeitungen an, zählt das Programm schnell 60 und mehr Tracker. Auf einer einzigen Website!
Sind mehrere Webseiten geöffnet, zeigt sich: Viele Tracker schaffen Verknüpfungen zwischen den Sites. «Je mehr solcher Verknüpfungen, desto schärfer wird das Profil des Getrackten», sagt Reto Widmer. Gerade Facebook oder Google sind auf enorm vielen Seiten eingebettet.
Tracker ermöglichen die «Verfolgung» eines Nutzers
Christian Bennefeld war einer der ersten, der Tracker entwickelt Hat. Er weiss, wie die Werbe-Industrie die Tracker für personalisierte Werbung einsetzen.
Persönliche Daten im Netz
«Beim Besuch einer Turnschuh-Website vergibt ein installierter Tracker Ihnen eine eindeutige Kennung, eine sogenannte ID. Wenn sie auf eine andere Website kommen, kann diese ID wieder ausgelesen werden und der Tracker weiss, dass Sie Interesse an Turnschuhen haben. Und es wird Turnschuh-Werbung eingeblendet.» Deshalb verfolgt uns die Werbung im Netz von Click zu Click.
«Diese Daten sind das neue Öl»
Bennefeld schätzt, dass mittlerweile weit über 50 Prozent der Internet-Werbung in Europa personalisiert ist. Die Daten werden in Echtzeit versteigert. Turnschuh-Werber etwa bieten auf mein Profil, weil ich mich eben für Turnschuhe interessiere.
«Diese Daten sind das neue Öl», sagt Bennefeld. Kein Wunder: Der Internet-Werbemarkt allein in Europa lag 2016 laut Werbeverband IAB Europe bei über 41 Milliarden Euro.
Von der anonymen ID zum Persönlichkeitsprofil
Info
Der ehemalige Datensammler Christian Bennefeld sieht diese Entwicklung mittlerweile sehr kritisch. Denn eine zunächst unpersönliche ID könne leicht zu einem personalisierten Profil erweitert werden. «Das passiert häufig durch Datenanreicherung. Ich kann Daten von Brokern kaufen und diese kombinieren». So entsteht ein immer genaueres Profil einer einzelnen Person – ein Persönlichkeitsprofil.
Solche Profile können höchst sensible Daten enthalten, etwa über Bonität oder Gesundheit. Daten, die für Banken oder Versicherungen von grossem Interesse sind. Das mache ihm Sorgen, sagt Bennefeld: «Weil unser Persönlichkeitsprofil natürlich ein Spiegelbild unseres Seins ist und ich vielleicht nicht alles offenlegen will, auch wenn ich nichts zu verbergen habe.»
Profile beeinflussen auch Preise
Auch die Preise könnten in Zukunft mit dieser Technik personalisiert werden. Einen Einfluss auf die Preise haben heute teilweise bereits die Geräte, mit denen man online geht. Bennefeld demonstriert dies für «Kassensturz» anhand der Buchungsplattform Expedia.ch.
Bucht man dort gleichzeitig in der gleichen Stadt für das identische Datum einmal mit einem PC und einmal mit einem iPad, liefert Expedia teilweise unterschiedliche Preise. So kostet das gleiche Zimmer in einem Best Western-Hotel über den PC 181 Franken, über das I-Pad jedoch nur 161 Franken. «Manchmal liefert aber auch der PC das günstigere Angebot», so Bennefeld.
Expedia bestätigt gegenüber «Kassensturz» diese Praxis. «Wie für viele andere Bereiche gilt auch für die Reisebranche: Preise sind dynamisch.» So könnten zwei Suchanfragen unterschiedliche Hotelpreise zum Ergebnis haben. «Ebenso ist es gängig, dass Hotels Expedia-Kunden exklusive Angebote für Mobilnutzer oder andere Sonderangebote anbieten.» Unter Mobilgeräten versteht Expedia Smartphones und Tablets.
Blocker-Software bietet Schutz
Testsieger
Wer sich beim Surfen nicht auf Schritt und Tritt verfolgen lassen will, kann sich mit Software, sogenannten Tracker-Blockern schützen (siehe Box «Testsieger»). Zum Beispiel mit Erweiterungen für den Internet-Browser, welche die Tracker blockieren. «Das hat aber gewisse Nachteile, erklärt SRF-Digital-Experte Reto Widmer: «Bestimmte Websites funktionieren dann nicht mehr richtig. Bei Internet-Seiten von Zeitungen etwa kann es passieren, dass so die Werbung nicht mehr eingeblendet wird. Und dann kann man auch die Artikel nicht lesen.»
eBlocker schützt ganzes Heim-Netz
Christian Bennefeld geht mit dem vom ihm entwickelten Blocker einen Schritt weiter. Das Gerät wird direkt an den Router angeschlossen. «Der eBlocker blockiert nun Tracker für alle im Heimnetzwerk angeschlossenen Geräte. Man muss also nicht jedes Gerät einzeln mit Software schützen», so Bennefeld. Ausserdem lassen sich so auch Geräte wie der Smart-TV oder die Spielkonsole vor Trackern schützen. Denn Tracker-Software lässt sich bei solchen Geräten meist nicht installieren.
Die Firma legt die Software jedoch nicht offen, man muss dem System vertrauen. Laut Bennefeld wird der eBlocker jedoch aktuell von den zuständigen Behörden untersucht und soll schon bald zertifiziert werden.