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Organisierte Kriminalität Menschenhandel in Bern: 146 Opfer, 5 Beschuldigte

  • Die Berner Kantonspolizei hat einen der grössten Fälle von Menschenhandel in der Schweiz aufgedeckt.
  • 146 Frauen, mehrheitlich aus China, wurden über Jahre hinweg zur Sexarbeit gezwungen, meldet der Kanton Bern.
  • Fünf Personen stehen unter Verdacht, die Frauen unter falschen Versprechungen in die Schweiz gelockt und systematisch ausgebeutet zu haben.

Die Opfer lebten isoliert in Privatwohnungen und mussten die Hälfte ihres Einkommens an die mutmasslichen Täter abgeben. Mit dem Rest beglichen sie Schulden und finanzierten ihren Lebensunterhalt.

Die Verhandlungen mit Freiern führten die Täter selbst. Viele Frauen wagten keine Anzeige – aus Angst vor Repressalien oder weil sie ihre einzige Einkommensquelle nicht verlieren wollten. Denn damit konnten sie auch ihre Familie in der Heimat unterstützen.

Schwachstellen im Kampf gegen Menschenhandel

Der Fall, der bald vor Gericht kommt, zeigt laut Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) die strukturellen Schwächen im Kampf gegen Menschenhandel auf. Besonders der Datenschutz erschwere die Ermittlungen – teils sei der Austausch mit ausländischen Behörden einfacher als zwischen Schweizer Kantonen. «Wir legen uns selbst Steine in den Weg», führte Müller aus. Er nutzte die Gelegenheit, eine grundlegende Überarbeitung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu fordern.

Auch Polizeikommandant Christian Brenzikofer betonte die Bedeutung politischer Unterstützung: Ohne entsprechende Mittel könne die Polizei ihre Arbeit nicht leisten. Generalstaatsanwältin Annatina Schultz verwies auf die geringe Zahl an Verurteilungen – seit 2008 gab es im Kanton Bern 41 Schuldsprüche wegen Menschenhandels. Schweizweit gab es Schuldsprüche wegen Menschenhandel in den Bereichen sexuelle Ausbeutung, Baugewerbe und Privathaushalten.

Wir legen uns selbst Steine in den Weg.
Autor: Philippe Müller Sicherheitsdirektor Kanton Bern

Die Generalstaatsanwältin wünschte sich jedoch auch eine griffigere Umschreibung des Tatbestandes des Menschenhandels im Strafgesetzbuch. Der bestehende Artikel lasse viel Raum zur Auslegung, was erheblichen Aufwand verursache.

Die Behörden fordern nun bessere gesetzliche Grundlagen und mehr Möglichkeiten zum Datenaustausch, um Menschenhandel wirksam bekämpfen zu können. Denn viele Opfer bleiben im Verborgenen – und damit auch die Täterschaft.

Anmerkung der Redaktion

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In einer früheren Version des Artikels waren die Bereiche der Schuldsprüche nicht ganz korrekt abgebildet. Wir haben diese Information präzisiert.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 19.5.2025, 12.03 Uhr ; 

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