Der Bodensee ist Badeort, Naherholungsgebiet, Tourismus-Magnet und Ausflugsziel. Und vor allem auch: ein Lieferant für Trinkwasser. Vier Millionen Menschen in Baden-Württemberg, 40 Prozent der Thurgauer Bevölkerung und die ganze Stadt St. Gallen beziehen das Trinkwasser aus dem Bodensee.
Nur wenig Trinkwasser aus dem See bezog bislang das deutsche Bundesland Bayern. Das könnte sich bald ändern. Aktuell wird eine Studie zu Wasserfernleitungen vom Bodensee in den Norden Bayerns durchgeführt. Nur ein paar Kilometer Ufer besitzt Bayern am Bodensee, der berühmteste Ort ist Lindau. Der Grossteil des bayerischen Trinkwassers stammt heute aus dem Grundwasser.
Orte wie Franken oder Niederbayern – also Gebiete, die eher weit weg vom Bodensee liegen – haben bei zunehmender Trockenheit mit Wasserknappheit zu kämpfen. Laut bayerischem Umweltministerium soll so die Trinkwasserversorgung mit einem Netz aus mehreren hundert Kilometern neuer Wasserfernleitungen gesichert werden.
Potenzial nicht ausgeschöpft
Die 13 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner des Bundeslands Bayern werden das Trinkwasser aber nicht den Ostschweizer Anrainern abgraben. Heinz Ehmann, Leiter Gewässerqualität und -nutzung beim Thurgauer Amt für Umwelt, sagt: «Wir gehen davon aus, dass Bayern festgestellt hat, dass es an gewissen Orten zu wenig Wasser hat. Mit Fernseeleitungen könnten solche Spitzen gedeckt werden.»
Im Durchschnitt werden pro Sekunde 5.4 Kubikmeter Wasser aus dem Bodensee abgepumpt. Erlaubt wären gemäss einer Vereinbarung von Österreich, Deutschland und der Schweiz 10 Kubikmeter. Aktuell wird dem See also nur etwa die Hälfte der eigentlich bewilligten Wassermenge entnommen.
See verliert mehr durch Verdunstung
Auch die Vertreterin des Bundeslandes Baden-Württemberg, Sarah Kreidler von der Bodensee-Wasserversorgung, sagt: «Selbst wenn noch ein weiteres Bundesland wie Bayern dem Bodensee Wasser entnehmen würde, selbst wenn dies im gleichen Rahmen geschähe wie in Baden-Württemberg, könnte der Bodensee sehr wahrscheinlich gut damit umgehen.»
Wir haben jetzt und in Zukunft genügend Trinkwasser.
Nur gerade ein bis zwei Prozent des jährlich zugeführten Wassers wird dem Bodensee wieder als Trinkwasser entnommen. Die Verdunstung durch die Sonne beispielsweise macht einen grösseren Anteil des Wasserverlustes aus. Plus: Ein Grossteil des Wassers fliesst nach der Klärung zurück in den Bodensee. Heinz Ehmann vom Amt für Umwelt des Kantons Thurgau sagt: «Wenn wir die Grösse des Bodensees betrachten, haben wir jetzt und in Zukunft bestimmt genügend Trinkwasser.»