Zum Inhalt springen

Panzerhandel Viola Amherd: «Die 71 verbleibenden Panzer reichen aus»

Die Schweizer Armee kann 25 stillgelegte Leopard-2-Panzer ausmustern. Dies unter der Bedingung, dass die Panzer an den deutschen Hersteller zurückverkauft werden. In Deutschland sollen sie Lücken stopfen, die entstanden sind durch Panzerlieferungen an die Ukraine. Nach dem Nationalrat hat am Dienstag auch der Ständerat den Weg frei gemacht für den Panzerhandel. Zahlreiche bürgerliche Ständeräte aber fürchten, dass dies die Schweizer Armee schwächt. Bundesrätin und Verteidigungsministerin Viola Amherd nimmt gegenüber SRF Stellung.

Viola Amherd

Bundesrätin

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Viola Amherd ist seit 2019 Bundesrätin und Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). Sie wurde 1962 geboren und war vor ihrer Wahl in den Bundesrat selbstständige Advokatin und Notarin sowie Stadtpräsidentin von Brig-Glis. Zudem sass sie für die CVP Oberwallis über zehn Jahre im Nationalrat und wirkte von 1994 bis 2006 als nebenamtliche Richterin in der Eidgenössischen Personalrekurskommission.

SRF News: Sie haben den Panzerverkauf im Ständerat als Signal bezeichnet. Wie meinen Sie das?

Viola Amherd: Es ist ein wichtiger Entscheid. Damit können wir auch zur Sicherheit in Europa beitragen und damit auch direkt zur Sicherheit unseres Landes. Wir können nun die Panzer an die Herstellerfirma zurückverkaufen. Diese wiederum kann sie Deutschland zur Verfügung stellen. Und damit kann Deutschland aufrüsten und Lücken bei der Armee auffüllen.

Der Gesamtbundesrat muss noch eine Exportbewilligung ausstellen für Deutschland. Ist das eine reine Formsache?

Das ist der gesetzliche Weg, der eingehalten werden muss. Ich rechne damit, dass dieser Rückverkauf an den Originalhersteller gesetzeskonform ist.

Viele bürgerliche Ständeräte haben gegen den Verkauf gestimmt. Sie sagen: 25 Panzer herzugeben – das schade der Schweizer Armee.

Nein. Die Armee hat klar dargelegt, wie viele Panzer sie braucht. Und davon ausgehend haben wir entschieden, ob und wie viele wir abgeben können. Wir haben zuerst abgeklärt, was wir für unsere eigene Verteidigungsfähigkeit brauchen.

Die Befürchtung ist: Die verbleibenden Panzer reichen nicht, um zwei Infanterie-Bataillone mit je einer Panzerkompanie zu verstärken – so wie das die Armee wünscht.

Doch das reicht, das wurde dargelegt. Die Armee hat das in ihrem Zielbild gezeigt: Mit den 71 verbleibenden eingemotteten Leopard-2-Panzern haben wir genügend Mittel, um alles abzudecken, was wir selber brauchen für die Verteidigungsfähigkeit.

Kritiker wie SVP-Ständerat Werner Salzmann rechnen vor: Mit zwei zusätzlichen Panzerkompanien blieben aber keine zusätzlichen Panzer übrig für die Ausbildung und Ersatzteile. Was antworten Sie?

Am Schluss geht die Rechnung auf: Wenn wir bei allen 71 Panzern einen Werterhalt durchführen, dann können wir diese auch für die Ausbildung einsetzen. Und nach dem Werterhalt brauchen sie auch weniger Ersatzteile.

Kritik aus Deutschland bleibt

Box aufklappen Box zuklappen

Die deutsche FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zählt zu den härtesten Kritikerinnen der Schweiz. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag begrüsst den Schweizer Parlamentsentscheid zum Verkauf von 25 Leopard-2-Panzern. Sie hoffe aber auf weitere Schritte, sagt sie im Gespräch mit SRF: Konkret, dass die Schweiz die Weitergabe von früher geliefertem Kriegsmaterial an die Ukraine erlaubt.

Keine Waffenkäufe mehr in der Schweiz?

Eine solche Weitergabe hatte der Bundesrat im Fall der Munition für den Gepard-Panzer verweigert. Strack-Zimmermann macht klar: «Wir müssen uns überlegen, die Munition in Zukunft in einem Nato-Staat oder in Deutschland selbst herzustellen. Wenn wir jedes Mal darum ringen, dann muss man sich natürlich die Frage stellen: Stimmt die Zusammenarbeit?» Das sei keine Boykottdrohung, sondern «normales Geschäftsgebaren».

«Bin Politikerin, nicht Diplomatin»

Auf die Frage, ob ihr forscher Ton auch in der innerdeutschen Debatte angemessen sei, antwortet die FDP-Bundestagsabgeordnete: «Ich bin 65, ich habe mir abgewöhnt, um die Ecke zu reden und einmal vor und zurück. Ich bin keine Diplomatin geworden, sondern ich bin Politikerin.» Die Schweiz und ihre Neutralität schätze sie sehr. Doch die Zeiten hätten sich geändert: «Sich herauszuhalten und zu sagen, wir sind neutral: Das kann man so sehen, das haben wir auch zu akzeptieren. Aber es steht uns, die wir das kritisch sehen, auch zu, das anzumerken.»

Der Entscheid für den Panzerverkauf hat auch mit dem Druck aus Europa zu tun. Die deutsche Wortführerin und FDP-Parlamentarierin Marie-Agnes Strack-Zimmermann verlangt bereits mehr: vor allem die Weitergabe von früher geliefertem Schweizer Kriegsmaterial an die Ukraine. Was antworten Sie?

Wir entscheiden ohne Druck, was im Interesse der Schweiz ist. Und wenn Europa sicherer wird, ist das auch für die Schweiz sehr wichtig.

Ist der Druck hilfreich?

Druck ist aus meiner Sicht nicht hilfreich. Er erzeugt oft dann gegenteilige Reaktionen.

Das Gespräch führte Dominik Meier.

Rendez-vous, 26.9.2023, 12:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel