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Parlament setzt Zeichen So schnell kann die Grimsel-Staumauer wirklich erhöht werden

Über 30 Jahre lang war das Grimsel-Projekt blockiert. Jetzt hat das Parlament entscheidende Hürden aus dem Weg geräumt.

Die Politik will mehr selbst produzierten Winterstrom – und zwar so rasch als möglich. Im Eiltempo haben darum National- und Ständerat die «Solaroffensive» durchgebracht, die etwa die Walliser Bergsolarkraftwerke in Gondo und Grengiols ermöglichen sollen.

Die Räte gingen noch weiter und haben den «Grimsel-Paragrafen» in das Gesetz gepackt. Und so auf höchster Ebene die Stromproduktion über den Naturschutz gestellt. Die Staumauer beim Grimselsee soll um 23 Meter erhöht und damit die Kapazität fast verdoppelt werden.

Alte-Grimselstaumauer.
Legende: Die alte Grimsel-Staumauer wurde 1932 erstellt. Derzeit wird unabhängig von der Erhöhung ein Ersatzneubau erstellt. Keystone/Peter Schneider

Aber wie rasch lassen sich diese Projekte wirklich realisieren? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Kann die Grimsel-Staumauer jetzt gebaut werden?
Seit über 30 Jahren sorgt der Grimsel-Ausbau für rote Köpfe. Der Hauruck-Entscheid des nationalen Parlamentes ist trotz der hohen Dringlichkeit nicht einfach eine «Baubewilligung» für die Kraftwerke Oberhasli (KWO).

Die Räte haben aber dennoch entscheidende Hürden aus dem Weg geräumt: «Die Staumauer-Erhöhung geht mit dem Entscheid allen nationalen, regionalen und lokalen Interessen vor. Dies stellt für allfällige Beschwerden ein kaum überwindbares Hindernis dar», sagt Evi Allemann, zuständige Regierungsrätin im Kanton Bern, zu SRF.

Der Entscheid stellt für allfällige Beschwerden ein kaum überwindbares Hindernis dar.
Autor: Evi Allemann Regierungsrätin Bern

Der Kanton Bern arbeite nun bis Januar 2023 einen neuen Richtplan für das Grimsel-Projekt aus. Diesen hat das Bundesgericht 2020 verlangt. Damals erklärte das Gericht eine vom Kantons erteilte Konzession für die Erhöhung der Grimsel-Staumauer für nichtig. «Wir sind sehr zügig unterwegs», betont Allemann.

So oder so ist eine Konzession und eine Baubewilligung für die Erhöhung der Staumauer nötig, gegen die erneut Einsprache erhoben werden kann. «Ich sehe aber nicht mehr so grosse Hindernisse», sagt auch Daniel Fischlin, CEO der Kraftwerke Oberhasli, zu SRF. Denn Beschwerden der Umweltverbände seien bereits in den vorgängigen Bundesgerichtsverfahren geklärt worden.

Wie lange dauert der Bau der Grimsel-Staumauer?
Die Bauarbeiten für die Erhöhung der Grimsel-Staumauer dauern laut Fischlin circa fünf Jahre. Die Baustelle liegt auf 1900 Metern über Meer, während den Wintermonaten müssen die Arbeiten ruhen.

Fischlin rechnet, dass im besten Fall die erhöhte Grimsel-Staumauer in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts fertiggestellt werden kann. Derzeit läuft bereits der Ersatzbau der alten Grimsel-Staumauer, die bis 2025 stehen soll.

Grimsel-See
Legende: Die Staumauer soll von 113 auf 136 Meter erhöht werden. Keystone/Gaetan Bally

Rösti fordert, dass die bestehende Baustelleninstallation gleich für die Erhöhung der Staumauer genutzt wird: «Es wäre widersinnig, Kräne auf der Grimsel abzubauen», sagte der Präsident des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbands weiter. «Praktisch wäre es, diese zu verwenden, aber es ist eher weniger realistisch», sagt Fischlin dazu.

Was sagt die Gegnerschaft?
Die Erhöhung der Grimsel-Staumauer hat ihren Preis: Hunderte Jahre alte Arven und Moore würden geflutet und zerstört. Der Grimselverein spricht denn auch von einem «schwarzen Tag» für die Grimsel. Eine der an sich best geschützten Landschaften der Schweiz sei jetzt akut bedroht. «Die Wasserwirtschaft mit ihrer grossen Lobby hat mit dem Brecheisen eine politische Lösung erzwungen», sagt Nick Röllin vom Grimselverein.

Grimsel-See
Legende: Umweltschützer wehren sich dagegen, dass weitere Teile des Grimsel-Gebietes unter Wasser gesetzt werden sollen. Keystone/Peter Klaunzer

Mit Kalkül werde die heraufbeschworene Strommangellage missbraucht, um einseitige Interessen der Wasserwirtschaft durchzusetzen. «Der Schaden für die Natur und Landschaft wäre immens und irreversibel.»

Kein Freipass für Solar-Anlagen in den Bergen

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Die Räte einigten sich grundsätzlich darauf, grosse Solaranlagen in den Bergen erleichtert zu bewilligen und die Investitionen mit Geld aus dem Netzzuschlag zu unterstützen. Gleichzeitig soll auf Natur und Landschaft Rücksicht genommen werden.

Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist weiterhin notwendig. Solaranlagen werden nicht überall zulassen – beispielsweise nicht in Biotopen von nationaler Bedeutung. Weiter muss der Vorrang der Versorgungssicherheit «grundsätzlich» überwiegen, aber nicht «absolut». Das soll eine Interessenabwägung ermöglichen.

Die erleichterten Bedingungen für Fotovoltaikanlagen in den Bergen gelten, bis eine Jahresproduktion von zwei Terawattstunden erreicht ist. Die Bundesbeiträge an die Investitionskosten dürfen höchstens sechzig Prozent der Investitionskosten betragen. Die Subventionen werden im Einzelfall festgelegt. Die Betreiber müssen zudem eine Wirtschaftlichkeitsrechnung vorlegen. (sda)

Regionaljoural Bern Freiburg Wallis, 27.09.2022, 17.30 Uhr ; 

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