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Pastor unter Druck Missbrauchsvorwürfe in Tamilen-Kirche

  • Ein tamilischer Pastor aus der Region Bern soll seine Position missbraucht haben.
  • Mehrere junge Frauen berichten von sexuellen Übergriffen – mindestens ein Mädchen soll jünger als 16 gewesen sein.
  • Die Gemeinde Köniz hat ihn angezeigt – wegen Sozialhilfemissbrauchs.

Es sind happige Vorwürfe gegen das Oberhaupt der Tamilischen evangelischen Kirche GGMCI mit Sitz in Bern. In der «Rundschau» berichten junge Frauen von sexuellen Übergriffen durch den 62-jährigen Pastor: «Es ging letztendlich so weit, dass wir Geschlechtsverkehr hatten, mehrmals», erzählt eine junge Frau anonym. Sie sei unter 18 Jahre alt gewesen, als die sexuellen Handlungen mit dem Pastor begannen. In einer schwierigen Lebensphase hatte sie beim ihm Hilfe gesucht.

Der Pastor, ein 62-jähriger Tamile aus der Region Bern, ist Gründer und Oberhaupt der Glaubensgemeinschaft GGMCI. Laut Webseite unterhält seine Kirche 25 Gemeinden in fünf Ländern Europas.

Mit Bibelzitaten begründet

Die junge Frau sagt heute, dass der Pastor sie manipuliert habe. Er habe ihr die grosse Liebe vorgespielt und gesagt, Sex sei die höchste Ausdrucksform dieser Liebe. Ein Mann dürfe, auch wenn er verheiratet sei, mit einem unverheirateten Mädchen eine Beziehung eingehen und mit jungen Frauen schlafen – wenn es aus Liebe geschehe. Er habe sein Handeln mit Zitaten aus der Bibel begründet.

Die junge Frau erzählt, er habe immer wieder zu ihr gesagt: «Wenn es ein Fehler wäre, was er tue, dann würde ihn Gott bestrafen». Gott würde bei der Predigt nicht mehr wirken. So habe sie ihm geglaubt.

Minderjährige betroffen

Die «Rundschau» erfährt von fünf Frauen aus verschiedenen Ländern, mit denen der verheiratete Pastor sexuelle Handlungen vorgenommen haben soll. Sie alle standen mutmasslich in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihm.

Eine Frau berichtet, dass der Pastor auf seinen Predigreisen jeweils bei ihrer Familie übernachtet habe und sie, die Tochter, nachts per SMS in sein Zimmer gelockt habe: «Er schrieb mir mitten in der Nacht, er fühle sich so allein, ich solle doch zu ihm rüberkommen». Als sie mit ihm im Bett lag, «kam er immer näher und ich spürte wie er im Intimbereich erregt wurde».

Eine andere Frau schildert detailliert was geschah, als sie im Alter von 13 Jahren aus familiären Gründen bei ihm übernachten musste. Sie hatte Alpträume und der Pastor habe sie zu sich ins Bett geholt. Er habe ihr ins Ohr geflüstert, dass er sie auf andere Gedanken bringen werde. «Dann hat er mich angefasst an den Brüsten, im Intimbereich, den Schamlippen.» Sie spüre das heute noch, sagt sie. Später habe er ihr gedroht, dass sie mit niemandem darüber sprechen dürfe. Sie hat sich daran gehalten – bis sie von der «Rundschau»-Recherche erfahren hat.

Pastor weist Vorwürfe von sich

Der Pastor weist sämtliche Vorwürfe von sich und stellt die Gegenfrage: «Was denken Sie von mir? Ich bin der Pfarrer. (…) Da ist nichts.» Er betont im Interview immer wieder, dass sich ehemalige Mitglieder der Kirche gegen ihn verschworen hätten und ihn fertig machen wollten. Es seien Leute, die er aus der Kirche ausgeschlossen habe. Sie seien von Dämonen besessen.

Anwalt fordert: Täter stoppen

Opferanwalt Christoph Erdös aus Zürich hat Kenntnis von den Vorwürfen gegen den Pastor. Er sagt: «Meiner Meinung nach müsste man so einen Täter ganz klar stoppen in seinem Handeln».

Da der Pastor sämtliche Vorwürfe bestreitet, steht Aussage gegen Aussage. Die Behörden werden jetzt Ermittlungen aufnehmen müssen, denn sexuelle Handlungen mit Kindern gelten als Offizialdelikt.

Möglicher Sozialhilfemissbrauch

Zudem hat der Pastor seit kurzem Probleme mit dem Sozialamt in seiner Wohngemeinde Köniz. Obwohl er laut Kirchenmitgliedern vollamtlicher Pastor ist, bezieht er seit Jahren Sozialhilfe.

Das Sozialamt Köniz gibt aus Datenschutzgründen keine Auskunft zum vorliegenden Fall. Doch die «Rundschau» erfährt, dass eine Strafanzeige wegen Urkundenfälschung und Sozialhilfemissbrauchs gegen den Pastor eingereicht wurde.

Der Pfarrer bestreitet auch diese Vorwürfe. «Ich nehme keinen Rappen Geld von der Kirche».

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