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Pastorini stellt Betrieb ein Tablet statt Holzklötze: Sind klassische Spielzeuge out?

Das Spielwarengeschäft Pastorini schliesst per Ende September die Türen. Nun stellt sich die Frage: Sind Holzspielzeuge aus der Zeit gefallen?

Das ist passiert: Nach über 110 Jahren schliesst das Spielwarengeschäft Pastorini per Ende September für immer seine Türen. Schon länger lief das Geschäft mit den Holzspielzeugen nicht mehr gut. Im Jahr 2016 musste Pastorini den traditionsreichen Laden in der Zürcher Innenstadt aufgeben und mehr als ein Dutzend Mitarbeitende entlassen. Jetzt wird der Betrieb endgültig eingestellt und den verbliebenen neun Mitarbeitenden gekündigt.

Auch Franz Carl Weber verschwindet

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Auch die traditionsreiche Spielwarenkette Franz Carl Weber bekam das veränderte Einkaufsverhalten und die starke Konkurrenz im Internet zu spüren. So wurde die Spielwarenkette 2023 von der deutschen Drogeriemarktkette Müller übernommen. Zunächst hiess es, Müller wolle die Marke erhalten und das Filialnetz weiterführen. Doch kurze Zeit später wurden immer mehr Filialen von Franz Carl Weber geschlossen. Betroffen waren unter anderem die Standorte in Basel, Bern, Luzern, Aarau. Auch die Filiale am Zürcher Bahnhofplatz hatte am 11. Juni 2025 ihren letzten Verkaufstag. Die Verkaufsfläche wird nun vollständig in eine Müller-Filiale umgebaut.

Das sind die Gründe: Ein «verändertes Marktumfeld» habe dem Unternehmen in den vergangenen Jahren zu schaffen gemacht, schreibt Pastorini in einer Medienmitteilung. Klassische Spielsachen seien in der Gunst der Kinder gesunken, während elektronische Geräte eine grosse Anziehungskraft ausübten. Der Umsatzrückgang konnte trotz Investitionen in Werbung, Kundenbindung und Onlinehandel sowie einer treuen Kundenbasis nicht aufgehalten werden.

Das hat das Spielwarengeschäft ausgezeichnet: Der 1911 gegründete Familienbetrieb setzte auf langlebiges und nachhaltiges Spielzeug, oft aus Holz. «Diese Holzklötze, um Türme zu bauen, wurde zum Teil selbst oder in geschützten Werkstätten in der Schweiz hergestellt. Das hat natürlich seinen Preis», sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Klaus Bonanomi. Das farbige Holzhämmerspiel für Kleinkinder würde beispielsweise 46.50 Franken kosten. «Das sind solide, langlebige, hochwertige und nachhaltige Spielsachen, aber eben teuer, weil sie in der Schweiz hergestellt werden», sagt Bonanomi. Das Spielwarengeschäft habe über die Jahrzehnte zunehmend auch andere Markenprodukte in sein Sortiment aufgenommen, wie Gesellschaftsspiele oder Puzzles. «Dort ist die Konkurrenz aber gross und man muss sich abheben. Das tat Pastorini mit dem Qualitätsfaktor.»

Sind klassische Spielzeuge out? «Offenbar sieht das zumindest die Kundschaft von Pastorini so», sagt Bonanomi. Das Marktumfeld hat sich laut dem Spielwarengeschäft verändert. «Man konsumiert billigere Sachen, die man dann auch rasch wieder durch neue ersetzt und nicht mehr teures Holzspielzeug, das die Kinder dann auch lange behalten und an die kleineren Geschwister weitergeben.» Anders sieht das der Spielwarenverband Schweiz. In einer Medienmitteilung schrieb der Verband, das Geschäft sei letztes Jahr gut gelaufen und Schweizer Familien würden weiterhin in qualitativ hochwertige Spielwaren investieren.

Die Entwicklung im Spielwarenmarkt

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In der Schweiz gab es im Pandemiejahr 2021 einen Rekordumsatz von 560 Millionen Franken. Danach sank der Umsatz wieder leicht, wie Zahlen des Spielwarenverbandes Schweiz zeigen. Letztes Jahr sind die Verkäufe wieder ein wenig angestiegen auf gut 520 Millionen Franken. Beliebt seien derzeit Lego und andere sogenannte Klemmbausteinsysteme für Kinder und Erwachsene. Der Onlineanteil an den Verkäufen von Spielwaren in der Schweiz liegt derzeit bei 30 Prozent.

Die harte Konkurrenz im Web: Mit einem Onlinehandel versuchte das Spielwarengeschäft Pastorini mit der Zeit zu gehen. Doch im Internet ist die Konkurrenz hart. «Online ist man nur einen Mausklick vom nächsten Konkurrenten entfernt», so Bonanomi. Dieser sei dann oft ein ausländischer, billigerer Anbieter. Vor ein paar Monaten hat der Spielwarenverband Schweiz und andere Handelsverbände eine Klage eingereicht. Über Plattformen wie Temu oder Shein komme oft mangelhaftes oder gar gefährliches Spielzeug in die Schweiz, das den hiesigen gesetzlichen Anforderungen nicht genüge, beklagten die Spielwarenhändler. Auch ausländische Anbieter sollen strengere Kontrollen durchlaufen müssen. In einem offenen Brief forderten sie den Bundesrat zum Handeln auf.

SRF 4 News, 18.6.2025, 7:20 Uhr ; 

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