Die Befürworter der Pauschalbesteuerung wehren sich vehement gegen die Abschaffung. Auch wenn sie zugeben müssen, dass 700 Millionen Franken oder 0,5 Prozent der gesamten Steuereinnahmen der Schweiz eigentlich nicht viel sind. Doch wichtig bei diesem Instrument sei vor allem, dass es insbesondere «für gewisse Rand- und Bergregionen von grosser Bedeutung ist», sagt Frédéric Pittet vom Wirtschaftsdachverband Economieuisse.
Im Kanton Graubünden beispielsweise zahlen die rund 270 Pauschalbesteuerten jedes Jahr knapp 50 Millionen Franken. Das ist bei einem gesamten Steueraufkommen von rund 850 Millionen immerhin mehr als fünf Prozent. Wird die Pauschalbesteuerung abgeschafft würden viele Vermögende wegziehen – so vermuten es die Gegner der Initiative.
Einen solchen Ausfall könnte der Kanton kaum verkraften, glaubt Eugen Arpagaus vom Bündner Amt für Wirtschaft und Tourismus. «50 Millionen zu sparen ist nicht ganz einfach.» Die direkten Steuereinnahmen seien nur das eine. Hinzu kämen Investitionen in Tourismus, Wirtschaft und Kultur.
«Milliardär-Schlepper» bringen Reiche
Viele Gemeinden und Kantone hätten sich halt abhängig gemacht, hält Niklaus Scherr vom Initiativkomitee entgegen. Nicht zuletzt von einer Lobby, die viel Geld mit den Pauschalbesteuerten verdiene. «Das sind Treuhänder, Anwälte und bestimmte Baufirmen», sagt Scherr. Für sie gehe es um «sehr handfeste finanzielle Interessen». An vorderster Front kämpften sogenannte «Milliardär-Schlepper», die zwischen 20 und 30 Reiche pro Jahr in die Schweiz brächten und «kräftig daran verdienen».
Pauschalbesteuerung als ethische Frage
Ob Steuergerechtigkeit oder Standortvorteil: Die Bedeutung der Pauschalbesteuerung für die gesamte Schweiz müsse man stark relativieren, sagt Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann von der Universität Zürich. Das hätten im Abstimmungskampf auch beide Seiten akzeptiert. Sie seien sich einig darüber, dass die Pauschalsteuer für einige Regionen von Bedeutung sei. Aber es gehe nicht um «fundamentale Volkswirtschaftliche Veränderungen», wie das beispielsweise bei der Unternehmenssteuerreform III der Fall sei.
Deshalb reduziere sich die Diskussion auf eine ethische Frage, sagt Straumann. Es gelte zu gewichten, zwischen der Abschaffung von Bevorzugungen und dem Recht, Vorteile zu bieten, wie es andere Staaten auch tun. Die rein ökonomische Frage der Steuereinnahmen steht also am 30. November an der Urne ausser für die Direktbetroffenen wohl für einmal nicht im Vordergrund.