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Personalmangel bei Kitas Es fehlt an Kita-Fachkräften – trotz Ausbildungsoffensive

Es gibt immer mehr Kitas, das Personal dazu aber fehlt. Viele künden nämlich nach kurzer Zeit ihren Job wieder.

Es ist ein Paradox: Einerseits bildet der Kanton Bern stetig mehr Fachpersonen aus, die Kinder betreuen, andererseits haben Kitas Mühe, ihre Stellen mit qualifiziertem Personal zu besetzen.

Rund ein Fünftel der Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger verlässt nach drei Jahren im Job den Beruf. Das zeigen verschiedene Befragungen und Studien aus den letzten Jahren. Was läuft schief?

Eigentlich wollen viele in der Kita arbeiten

Die Nachfrage nach Kita-Betreuungsplätzen steigt kontinuierlich an. Im Kanton Bern stieg die Zahl der Kitas von 302 im Jahr 2017 auf 350 im Jahr 2021. Das ist eine Steigerung von knapp 20 Prozent. Die Folge: Es braucht mehr Mitarbeitende, mehr Frauen und Männer, die beruflich Kinder betreuen wollen.

Viele jungen Menschen arbeiten gerne mit Kindern. Das Interesse am Beruf wird weiter steigen.
Autor: Barbara Gisi Leiterin des Mittelschul- und Berufsbildungsamts

Um diesem Wachstum zu begegnen, wurden im gleichen Zeitraum im Kanton Bern mehr Menschen entsprechend ausgebildet. Auch künftig ist ein Ausbau geplant. Einige Dutzend zusätzliche Ausbildungsplätze zusätzlich gibt es aktuell jedes Jahr. Um den bisherigen Standort Bern zu entlasten, wird ab 2023 der Berufsschulunterricht an vier Standorten im Kanton Bern angeboten, statt wie bisher an einem.

Trotzdem: mühsame Personalsuche

Die Ausbildung scheint interessant, die Nachfrage ist gross, stellt Barbara Gisi fest. Sie ist zuständig für die Berufsbildung im Kanton Bern. «Es ist ein Beruf, den die jungen Leute gerne ausüben. Und dass es genügend freie Stellen gibt, ist ein weiterer Faktor, der diesen Berufsstand wachsen lässt.»

Zwei Kinder essen in der Kita Zmittag.
Legende: Vom Zmorge, übers Zmittag, bis zum Zvieri in der Kita: Die Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Kinder steigt. Keystone

Dennoch hat Lisa Plüss Mühe, freie Stellen in ihren Kitas zu besetzen. Sie ist die Geschäftsführerin der Stiftung Kindertagesstätte Bern. Zur Stiftung gehören 140 Angestellte, die – verteilt auf 7 Kitas – zu 500 Kindern schauen. Schreibt sie eine Stelle aus, sei das Echo klein. «Es bewerben sich eher wenige Fachpersonen, vor allem fehlen solche mit Erfahrung».

Problem: Berufswechsel

Es gibt also eigentlich viele Ausbildungsplätze, viele Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger. Aber: Nach etwa drei Jahren ist Schluss. Kita-Mitarbeitende wechseln den Job, machen eine weitere Ausbildung, wechseln gar die Branche. Weshalb?

Hauptgründe dafür sind der tiefe Lohn und das geringe Ansehen des Berufs in der Gesellschaft. «Viele haben falsche Vorstellungen vom Job», sagt Mirxan Ok. Er selbst hat nach bereits anderthalb Jahre nach dem Lehrabschluss den Kita-Job an den Nagel gehängt. «Der Beruf wird unterschätzt. Man spielt nicht nur einfach ein bisschen mit den Kindern – man erstellt beispielsweise pro Kind einen detaillierten Förderungsplan.» Nur im Notfall wolle er in den Beruf als Kinderbetreuer zurück.

Wie ihm geht es rund 20 Prozent aller Lehrabgängerinnen. Eine Studie ist 2019 den weiteren Gründen für den Berufswechsel auf den Grund gegangen. Die Befragung zeigt, dass geringe Weiterbildungsmöglichkeiten und knappe Personalressourcen, sowie Stress weitere Gründe für einen Berufswechsel sind.

Was sich ändern muss

Die Branche und die Gesellschaft sollten also versuchen, diese Felder zu verbessern. Beispielsweise müsse man auch den Lohn (rund 4300 Franken brutto) anheben, findet Lisa Plüss von der Stiftung Kinderbetreuung Bern. Und sie benennt eine zweite Schwachstelle: «In der Schweiz wird Kleinkinderbetreuung immer noch als Privat- und Familiensache angeschaut. Die professionelle Betreuung wird immer noch nicht so wertgeschätzt, wie sie es eigentlich verdient hätte.» Da müsse die Gesellschaft ihre Haltung ändern, damit der Beruf wieder an Attraktivität zulege.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 09.02.22, 17:30 Uhr ; 

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