Mehr als 8000 Unterschriften stehen unter der Petition ans eidgenössische Parlament. Sie fordern bessere Arbeitsbedingungen für das wissenschaftliche Personal an den Schweizer Universitäten.
«Essenziell erscheint uns die vermehrte Schaffung von Festanstellungen nach dem Doktorat», erklärt eine Sprecherin des Petitionskomitees, die nicht namentlich genannt werden will. Wie ihre Kolleginnen und Kollegen befürchtet sie Nachteile, wenn ihr Engagement bekannt wird.
Protest des akademischen Mittelbaus
Hinter der Petition stehen die Verbände des Mittelbaus der Schweizer Universitäten. Es sind die mehr als 40'000 Assistenten, Doktorandinnen, Post-Docs und Dozierenden, die die Hauptlast der wissenschaftlichen Forschung und Lehre tragen.
Doch neun von zehn hätten bloss eine befristete Anstellung und auch sonst unbefriedigende Arbeitsbedingungen, so die Petitionärin weiter. Meist seien sie ungewollt Teilzeit angestellt, müssten aber Mehrarbeit leisten. Es gebe viel unbezahlte Überzeit. In Grossbritannien hat vergleichsweise nur ein Drittel der wissenschaftlich Angestellten einen befristeten Vertrag.
Meist sind sie ungewollt Teilzeit angestellt, müssen aber Mehrarbeit leisten. Es gibt viel unbezahlte Überzeit.
Die Petitionärin hatte an einer grossen Universität eine befristete 60-Prozent-Anstellung. Statt 25 Wochenstunden seien bis zu 45 Stunden angefallen. Zeit für die eigene Doktorarbeit sei nur am Wochenende geblieben.
Viel Abhängigkeit, kaum Sicherheit
Dies alles bedeute eine sehr grosse Abhängigkeit von den einzelnen Professuren, berichtet sie: «Zur eingeschränkten Selbstständigkeit in der Arbeit kommt quasi die Unmöglichkeit, die nächsten Jahre planen zu können – sowohl für die Forschung wie auch für das eigene Leben.»
Etwa die Frage nach einer Familie, die sich Menschen Mitte 30 bis Mitte 40 auch stellten. «Sie möchten gerne wissen, ob sie in drei bis vier Jahren noch eine Stelle haben, um überhaupt Kinder haben zu können.»
Diese Unsicherheit habe auch negative Folgen für die wissenschaftliche Qualität, betont die Petitionärin weiter: Letztlich blieben nicht mehr die Besten, sondern nur noch jene, die es sich leisten können, im System zu bleiben – weil vielleicht ein Partner das finanzielle Risiko abfedere.
Letztlich sind in der Wissenschaft nicht mehr die Besten, sondern nur noch jene, die es sich leisten können, im System zu bleiben.
Frauen besonders betroffen
Wie das Petitionskomitee festhält, geben wegen unsicheren Perspektiven besonders viele Frauen die akademische Karriere auf. So sinke der Frauenanteil von 56 Prozent bei den Doktorandinnen auf noch 33 Prozent bei den Assistenz-Professorinnen. Das bedeute immer auch einen grossen Wissens- und Talentverlust
Der Frauenanteil von 56 Prozent bei den Doktorandinnen sinkt auf noch 33 Prozent bei den Assistenz-Professorinnen.
Swissuniversities kennt die Probleme
Die Hochschulen täten schon einiges, um die Arbeitsbedingungen für das wissenschaftliche Personal zu verbessern, erklärt Astrid Epiney, Rektorin der Universität Freiburg und im Vorstand der Rektorenkonferenz der schweizerischen Hochschulen swissuniversities.
Freiburg etwa fördere Mentoring-Massnahmen, führe frühzeitig Laufbahngespräche und fördere Auslandsaufenthalte. Auch mehr unbefristete Stellen hält Epiney für sehr erstrebenswert, verweist aber darauf, dass der finanzielle Spielraum gering sei und vom Anstieg der Studierendenzahlen abhänge.
Ich bin persönlich dezidiert der Ansicht, dass wir einen Ausbau der unbefristeten Stellen brauchen.
«Senior Lecturers» als Ausweg?
Wichtiger als mehr Festanstellungen erachtet Epiney eine Diversifikation der Laufbahnen. Solche Stellen für sogenannte «Senior Lecturers» versuche sie an der Universität Freiburg zu fördern. Diese könnten Forschung und Lehre langfristig abgesichert vorantreiben, ohne eine Professur als Karrierehöhepunkt anzustreben und die entsprechenden Opfer auf sich zu nehmen.