Das Neubad in Luzern ist ein Ausgangsort für junges, urbanes Publikum. Oben im «Pool», wo früher das grosse Becken des alten Hallenbads war und seit ein paar Jahren angesagte Veranstaltungen über die Bühne gehen, sieht es dieser Tage besonders aus. Besonders grün. Im Neubad findet das Pflanzenfestival Botanica statt.
Eine Zimmerpflanze reiht sich an die andere, man kann sie kaufen oder sich auch nur inspirieren oder beraten lassen. Dazu gibt es Veranstaltungen und Kunstwerke, die sich alle mit Pflanzen beschäftigen.
Zimmerpflanzen im hippen Neubad: eigentlich unpassend, könnte man meinen. «Früher war das tatsächlich so: Gärtnern, das war für Grossmütter», sagt Carla Boschung, eine der Mitgründerinnen der Botanica. «Aber das hat sich stark verändert, heute interessieren sich auch Junge für Pflanzen, sogar die 15- bis 25-Jährigen.» Boschung weiss, wovon sie spricht: Sie führt in Zürich zwei Läden, die auf Zimmer-, Balkon- und Terrassenpflanzen spezialisiert sind.
Und tatsächlich: Auch die 24-jährige Hanna Neidhart ist extra wegen der Pflanzen ins Neubad gekommen. Sie interessiere sich schon seit knapp zwei Jahren für Zimmerpflanzen, erzählt sie, «eigentlich seit ich ausgezogen bin. Weil ich dann mein Umfeld selber gestalten konnte.»
Dass Zimmerpflanzen lange nicht gerade als modern galten, weiss sie und schmunzelt: «Meine Mutter lacht mich immer aus. Und zu den Zimmerpflanzen, die ich schön finde, sagt sie: 'Oh nein, Horror! Meine biederen Nachbarn hatten solche ...'»
Das Revival der Zimmerpflanzen habe mehrere Gründe. Einerseits seien es die sozialen Medien, die den Imagewandel befördert hätten, sagt Festivalmitbegründerin Carla Boschung. Plötzlich stellten junge Leute unter Hashtags wie #urbanjungle stolz ihre grünen «Mitbewohner» im Internet zur Schau.
Mehr Zeit für Pflanzen
Andererseits habe auch die Corona-Pandemie ihren Teil zum Trend beigetragen. «Die Pflanzenläden haben davon profitiert, dass sie im zweiten Lockdown offenbleiben konnten», erinnert sich Boschung. Und es dürfte viele Leute gegeben haben, die sich Pflanzen zuwandten, weil sie mehr zu Hause bleiben mussten.
Das bestätigt auch Hanna Neidhart, die sich im Neubad nach neuen Pflanzen umsieht: «Ich habe wegen Corona mehr Zeit zu Hause verbracht. Und Zimmerpflanzen geben gute Energie. Ausserdem hatte ich auch mehr Zeit, mich um sie zu kümmern.»
Dass Zimmerpflanzen boomen, merkt auch Othmar Ziswiler von Jardin Suisse, dem Unternehmerverband der schweizerischen Gärtnereien. Genaue Zahlen gebe es zwar nicht, sagt er, aber er höre von den Gartenzentren, dass die Nachfrage zugenommen habe. Das spiegle sich direkt in den Preisen: «Beim Einkauf in Holland sind die Pflanzen in den letzten Jahren um 30 bis 40 Prozent teurer geworden.»
Für den Verkauf in den hiesigen Geschäften sei der Preisanstieg aber noch kein grosses Problem. «Die meisten privaten Kundinnen und Kunden wissen ja nicht, wie viel die Pflanzen vorher kosteten.»
«Hängende Pflanzen und Bäume»
Im Luzerner Neubad jedenfalls sind schon am ersten Festivaltag einige Leute unterwegs, da und dort wechselt auch die eine oder andere Pflanze den Besitzer. Hanna Neidhart guckt sich noch um. Aber ihre Vorlieben kennt sie genau: «Mir gefallen hängende Pflanzen. Und Bäume. Also solche mit einem richtigen Stamm. Die gefallen mir auch!»