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Ein neues Phänomen in der Schweiz: Mit Gebeten und Kundgebungen machen sie Stimmung gegen Abtreibungen
Aus Regionaljournal Basel Baselland vom 14.10.2022. Bild: SRF/Sedrik Eichkorn
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Phänomen aus den USA 40 Tage lang: Abtreibungsgegner beten vor Basler Unispital

Nicht nur religiöse Aktivisten machen Stimmung gegen Abtreibungen. Auf politischer Ebene sind zwei Initiativen geplant.

Jeden Tag wollen sie in der Nähe des Basler Universitätsspital (USB) beten – während 40 Tagen. Ihr Argument: Das Leben entstehe bei der Empfängnis und sei von Beginn an heilig. Schwangerschaftsabbrüche seien demnach immer verwerflich.

Wir sind friedlich und beten. Wir möchten für das Leben einstehen, weil das schlicht das Wichtigste überhaupt ist.
Autor: Lisa Martin Abtreibungsgegnerin

Die Aktivistinnen und Aktivisten sind Teil der weltweiten Organisation «40 Days for Life». Das ist eine internationale christliche Bewegung aus den USA, die der sogenannten Lebensrechtsbewegung zuzuordnen ist.

Auf einem Transparent steht «40 Tage für das Leben».
Legende: Neben Gebeten wollen die religiösen Aktivisten mit Transparenten gegen Schwangerschaftsabbrüche Stimmung machen. SRF/Sedrik Eichkorn

«Abtreibung beendet ein menschliches Leben im Mutterleib. Es hätte ein gesunder Mensch wachsen können», sagt die 19-jährige Aktivistin Lisa Martin. Ein Schwangerschaftsabbruch sei nur akzeptabel, wenn die Gesundheit der Mutter gefährdet sei, sagt die Medizinstudentin.

Das sagt die Kirche zu den religiösen Aktivisten

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Die römisch-katholische Kirche habe eine differenzierte Haltung zum Thema Abtreibung, sagt Hansruedi Huber, Sprecher des Bistums Basel. Man müsse immer den Einzelfall betrachten. Diese Haltung teile auch der Papst.

«Frauen, die abtreiben, befinden sich in einer Notsituation. Es ist entscheidend, dass die Betroffenen professionelle Hilfe finden. Sie brauchen Unterstützung, um einen verantwortungsvollen – und für ihr Gewissen, stimmungsvollen – Entscheid fällen zu können», sagt Huber.

Lisa Martin ist römisch-katholisch und möchte mit der Kundgebung für das Leben einstehen. «Wir sind friedlich und beten. Wir möchten für das Leben einstehen, weil das schlicht das Wichtigste überhaupt ist.» Jeweils am Morgen beten eine Handvoll Abtreibungsgegnerinnen und -gegner in der Nähe des Basler Universitätsspital.

Anders als in den USA würden sie bei ihren Kundgebungen niemanden ansprechen, betont Martin. Passanten, Mitarbeitende des Spitals oder auch Patientinnen würden sie in Ruhe lassen. Wenn jemand auf sie zukomme, seien sie aber offen für ein Gespräch.

Es ist nicht angebracht, dass Abtreibungsgegner vor dem Spital beten und mit Schildern präsent sind.
Autor: Julia Baumgartner SP-Politikerin

Dass diese Bewegung aus Übersee nun auch in der Schweiz Fuss fasst, sei befremdlich, sagt die SP-Politikerin Julia Baumgartner: «Diese Aktivistinnen und Aktivisten kritisieren Betroffene. Es ist nicht angebracht, dass Abtreibungsgegner vor dem Spital beten und mit Schildern präsent sind.»

Portrait von SP-Politikerin Julia Baumgartner
Legende: «Befremdlich» ist die Aktion von «40 Tage für das Leben» für die SP-Politikerin Julia Baumgartner. zvg, Julian Bächtold

Vor rund zwei Jahren war Julia Baumgartner selber ungewollt schwanger und liess abtreiben. Sie hatte öffentlich über ihren Entscheid geredet, mit dem Ziel, das Thema zu enttabuisieren: «Mein Fall ist kein Einzelfall. Ich wollte Sichtbarkeit für Betroffene schaffen».

Weiter ist Baumgartner überzeugt, keine Frau fälle den Entscheid über eine Abtreibung leichtfertig. «Das überlegt man sich lange und wird von Fachpersonen begleitet. Die Praxis funktioniert. Es ist haltlos, den betroffenen Frauen Leichtfertigkeit zu unterstellen», sagt Baumgartner.

Das fordern die beiden Abtreibungs-Initiativen

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Die «Einmal-darüber-schlafen-Initiative» verlangt, dass Ärztinnen und Ärzte schwangeren Frauen vor einer Abtreibung mindestens einen Tag Bedenkzeit einräumen müssen. Eine ähnliche Regel existiert bereits in Deutschland – dort müssen Frauen ihre Entscheidung drei Tage überdenken.

Die Volksinitiative «Lebensfähige Babys retten» richtet sich gegen Spätabtreibungen. Sie will Schwangerschaftsabbrüche verbieten, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Abtreibung ausserhalb des Mutterleibes überlebensfähig wäre, also etwa ab der 22. Schwangerschaftswoche. Spätabtreibungen sind in der Schweiz schon jetzt nur erlaubt, wenn die Gesundheit der Frau gefährdet ist.

Beide Volksinitiativen wurden im Dezember 2021 lanciert. Bis im Juni 2023 müssen je 100'000 Unterschriften gesammelt werden, damit die Vorlagen an die Urne kommen.

Neben den religiösen Aktivistinnen und Aktivisten gibt es in der Schweiz auch auf politischer Ebene Bestrebungen, das Recht auf Abtreibungen einzuschränken. Gleich zwei Volksinitiativen wollen den Zugang zur legalen Abtreibung einschränken. Zwei Komitees unter der Leitung von SVP-Nationalrätinnen haben die Diskussion über die Fristenregelung in der Schweiz neu lanciert.

Bislang keine Reaktionen im Spital

Von der Kundgebung in der Nähe des Basler Universitätsspital habe man in der Klinik übrigens nichts bemerkt, sagt Kommunikationsleiter Thomas Pfluger. «Bislang hatten wir keinerlei Reaktionen; weder von Mitarbeitenden noch von Patientinnen. Es sei im gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen Auftrag von jedem öffentlich-rechtlichem Spital in der Schweiz, Abtreibungen durchzuführen.

SRF 1, Regionaljournal Basel, 10.10.2022, 17:30 Uhr;

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