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Pilotversuch Zivildienst Wenn der Entlastungsdienst den 20-jährigen Zivi vorbeischickt

Der Zivildienst hat einen Versuch getestet, um Menschen zu entlasten, die ihre kranken Angehörigen pflegen.

Zwei Gedanken standen dem Pilotversuch des Bundesamtes für Zivildienst Pate. Erstens: Helfen, wo es Zivildienstleistende braucht. Zweitens: das Wissen, dass betreuende Angehörige Entlastung brauchen. Sei es, wenn es sich um betagte Menschen handelt, die möglichst lange zu Hause leben, sei es, wenn es um chronisch kranke oder beeinträchtigte Familienmitglieder geht, die zu Hause umsorgt werden.

Dass der Bedarf an dieser sogenannten ambulanten Betreuung wächst, belegen Studien des Bundes. Ausserdem herrscht auch hier Fachkräftemangel. 

Stundenweiser Zivildiensteinsatz

Der Projektleiter dieses Pilotversuchs beim Bundesamt für Zivildienst ist Steven Sohn. Er erklärt: «Mit dem Pilotversuch will der Bundesrat prüfen, ob der Zivildienst hier einen Beitrag leisten kann, um diese Betreuungsproblematik zu mildern.» Das Neue: Der Einsatz ist in Teilzeit oder stundenweise zu absolvieren. Auch wenn sich der Einsatz so über längere Zeit ziehen kann, insgesamt gilt für alle dieselbe Dienstzeit (Anzahl der geleisteten Stunden).

Zum Pilotversuch «ambulante Betreuung»

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Insgesamt 119 Zivildienstleistende standen im Einsatz. Für die Zivis war die Teilnahme am Pilotversuch freiwillig. Bis Ende Mai 2023 wurden 9060 Diensttage geleistet, schreibt das Bundesamt für Zivildienst auf Anfrage.

Die Einsätze im Pilot-Entlastungsdienst waren bei 36 Einsatzbetrieben in der ganzen Schweiz möglich. Die Hälfte dieser Einsatzbetriebe wurden speziell für das Pilotprojekt befristet anerkannt und sind sonst keine Zivi-Einsatzbetriebe.

Die letzten Pilot-Einsätze endeten per 30. Juni 2023, denn dann endete auch die Verordnung über den Pilotversuch. Diese eigens dafür geschriebene Grundlage war nötig, da der Zivildienst im üblichen Rahmen in einem Vollzeit-Pensum und in einem Einsatzbetrieb abläuft. Doch in der ambulanten Betreuung sind flexible Einsätze nötig, stundenweise, an verschiedenen Orten.

Nun wertet das Bundesamt für Zivildienst die Erfahrungen aus, zu Händen des Bundesrates. Dieser wird voraussichtlich noch im laufenden Jahr entscheiden, wie es weitergehen wird.

Der Einsatz findet nicht wie üblich in einer Institution statt, sondern in verschiedenen privaten Haushalten. Das ist anspruchsvoll und liegt nicht allen.

Projektleiter Sohn sagt, das Bundesamt und vor allem die Einsatzbetriebe sorgten dafür, dass der Zivi zum Einsatz passe: «Wir machen erste Vorabklärungen. Die Einsatzbetriebe können Eignungsprüfungen machen oder interne Kurse vorgeben. Es gibt neben dem Bewerbungsgespräch mit dem Zivi Probeeinsätze und Gespräche mit den betreuenden Angehörigen.»

Zwei Männer im Gespräch.
Legende: Silas Pauli (links) im Gespräch mit einem weiteren Zivildienstleistenden. SRF

Auch wenn die Zivis vorbereitende Kurse besuchen, so sind sie laut Steven Sohn keine Konkurrenz für die Fachkräfte in der Branche. Er spricht von «helfenden Händen» in der Betreuung, welche die Fachkräfte nicht ersetzen können. Zivildienstleistende brächten ja beispielsweise keine gleichwertigen Ausbildungen in der Pflege oder in der Betreuung mit.

Ferner müssten die Einsätze ergänzend sein, wo Fachkräfte fehlen, ohne Auswirkungen auf Löhne oder Wettbewerb. «Der Zivildienst kann die Betreuungsproblematik nicht auflösen, er kann höchstens einen Beitrag zur Milderung der Problematik leisten.»

Zivis helfen, wo sie gebraucht werden

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Die Ziele und der Rahmen des Zivildienstes sind gesetzlich klar definiert:

Zivildienstleistende werden gebraucht:

  • Wo Angestellte oder helfende Hände zur «Erfüllung wichtiger Aufgaben der Gemeinschaft fehlen oder nicht ausreichen»

Wenn der Einsatz im «öffentlichen Interesse» liegt, wenn also der Einsatz in einer öffentlichen Institution stattfindet oder bei einer privaten, gemeinnützigen Institution. Zum Beispiel:

  • Den «sozialen Zusammenhalt stärken», die «Situation Betreuungs-, Hilfe- und Pflegebedürftiger verbessern»
  • «Friedensfähige Strukturen aufbauen und Gewaltpotenziale reduzieren»
  • «Die natürlichen Lebensgrundlagen schützen und erhalten», die nachhaltige Entwicklung fördern, das kulturelle Erbe erhalten
  • Die schulische Bildung und Erziehung unterstützen
  • Einen Beitrag im Sicherheitsverbund Schweiz leisten

Zivis dürfen bestehende Angebote nicht konkurrenzieren, konkret darf ihr Einsatz:

  • Keine Arbeitsplätze gefährden
  • Die Lohn- und Arbeitsbedingungen im Einsatzbetrieb nicht verschlechtern
  • Die Wettbewerbsbedingungen nicht verfälschen

Der Wunsch nach Flexibilität sei aus der Branche gekommen, erläutert Projektleiter Sohn: «Die Einsatzbetriebe und die wissenschaftlichen Untersuchungen haben gezeigt: Es braucht mehr Flexibilität, um die Zivildienstleistenden ziel- und bedarfsgerecht in der ambulanten Betreuung einsetzen zu können.» Es gehe also nicht um mehr Flexibilität für den Zivildienstleistenden.

Das Bundesamt lässt nun die Erfahrungen von über 100 Zivi-Einsätzen auswerten und legt dem Bundesrat einen Bericht vor. Dieser dürfte noch im laufenden Jahr entscheiden. Sollte das stundenweise oder Teilzeitmodell für die Zukunft des Zivildienstes möglich werden, so bliebe es aber beschränkt auf die ambulante Betreuung wie im Pilotversuch. Alle übrigen Zivi-Einsätze bleiben bei einem 100-Prozent-Pensum.

Rendez-vous, 11.07.2023, 12:30 Uhr

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