Zwei Gedanken standen dem Pilotversuch des Bundesamtes für Zivildienst Pate. Erstens: Helfen, wo es Zivildienstleistende braucht. Zweitens: das Wissen, dass betreuende Angehörige Entlastung brauchen. Sei es, wenn es sich um betagte Menschen handelt, die möglichst lange zu Hause leben, sei es, wenn es um chronisch kranke oder beeinträchtigte Familienmitglieder geht, die zu Hause umsorgt werden.
Dass der Bedarf an dieser sogenannten ambulanten Betreuung wächst, belegen Studien des Bundes. Ausserdem herrscht auch hier Fachkräftemangel.
Stundenweiser Zivildiensteinsatz
Der Projektleiter dieses Pilotversuchs beim Bundesamt für Zivildienst ist Steven Sohn. Er erklärt: «Mit dem Pilotversuch will der Bundesrat prüfen, ob der Zivildienst hier einen Beitrag leisten kann, um diese Betreuungsproblematik zu mildern.» Das Neue: Der Einsatz ist in Teilzeit oder stundenweise zu absolvieren. Auch wenn sich der Einsatz so über längere Zeit ziehen kann, insgesamt gilt für alle dieselbe Dienstzeit (Anzahl der geleisteten Stunden).
Der Einsatz findet nicht wie üblich in einer Institution statt, sondern in verschiedenen privaten Haushalten. Das ist anspruchsvoll und liegt nicht allen.
Projektleiter Sohn sagt, das Bundesamt und vor allem die Einsatzbetriebe sorgten dafür, dass der Zivi zum Einsatz passe: «Wir machen erste Vorabklärungen. Die Einsatzbetriebe können Eignungsprüfungen machen oder interne Kurse vorgeben. Es gibt neben dem Bewerbungsgespräch mit dem Zivi Probeeinsätze und Gespräche mit den betreuenden Angehörigen.»
Auch wenn die Zivis vorbereitende Kurse besuchen, so sind sie laut Steven Sohn keine Konkurrenz für die Fachkräfte in der Branche. Er spricht von «helfenden Händen» in der Betreuung, welche die Fachkräfte nicht ersetzen können. Zivildienstleistende brächten ja beispielsweise keine gleichwertigen Ausbildungen in der Pflege oder in der Betreuung mit.
Ferner müssten die Einsätze ergänzend sein, wo Fachkräfte fehlen, ohne Auswirkungen auf Löhne oder Wettbewerb. «Der Zivildienst kann die Betreuungsproblematik nicht auflösen, er kann höchstens einen Beitrag zur Milderung der Problematik leisten.»
Der Wunsch nach Flexibilität sei aus der Branche gekommen, erläutert Projektleiter Sohn: «Die Einsatzbetriebe und die wissenschaftlichen Untersuchungen haben gezeigt: Es braucht mehr Flexibilität, um die Zivildienstleistenden ziel- und bedarfsgerecht in der ambulanten Betreuung einsetzen zu können.» Es gehe also nicht um mehr Flexibilität für den Zivildienstleistenden.
Das Bundesamt lässt nun die Erfahrungen von über 100 Zivi-Einsätzen auswerten und legt dem Bundesrat einen Bericht vor. Dieser dürfte noch im laufenden Jahr entscheiden. Sollte das stundenweise oder Teilzeitmodell für die Zukunft des Zivildienstes möglich werden, so bliebe es aber beschränkt auf die ambulante Betreuung wie im Pilotversuch. Alle übrigen Zivi-Einsätze bleiben bei einem 100-Prozent-Pensum.