Das Wichtigste in Kürze
- Bedürftige AHV- und IV-Bezüger bekommen Ergänzungsleistungen.
- Weil immer mehr Rentner solche Leistungen beanspruchen, will der Bund sparen.
- Rund 700 Millionen sollen die Ergänzungsleistungen pro Jahr gekürzt werden.
Wenn Margrit Mirza zum Bancomaten geht, um Geld zu beziehen, beschleicht sie ein ungutes Gefühl. Wie viel ist noch auf dem Konto, wie lange reicht das Geld noch? Die Rundschau begleitet Margrit Mirza aus Biel.
Manchmal wache ich morgens auf und mir ist direkt übel.
Die Rentnerin steckt ihre Bankkarte ein, bezieht hundert Franken, entnimmt den Beleg – und erschrickt. Noch 4 Franken 55 sind auf dem Konto. Die 150 Franken, die in ihrem Portemonnaie sind, müssen für zwei Wochen reichen.
«Manchmal wache ich morgens auf und mir ist direkt übel», sagt Frau Mirza. Die Sorge um das Geld macht sie krank. Dabei hat Frau Mirza ihr Leben lang gearbeitet. Sie war mal Schneiderin, mal Bankangestellte. Der Lohn reichte immer gut zum Leben.
Pensionskasse aufgelöst
Als sie mal knapp bei Kasse war, hat sie ihre Pensionskasse aufgelöst, 30'000 Franken. Doch eine Studie des Bundesamts für Sozialversicherungen legt nahe, dass Mirza auch EL-Bezügerin geworden wäre, hätte sie ihr bescheidenes PK-Vermögen nicht aufgebraucht. Denn genau darauf ist sie angewiesen: auf Ergänzungsleistungen (EL).
Die Rentnerin bekommt zu ihrer AHV-Rente von 1950 Franken AHV zusätzlich 1280 Franken Ergänzungsleistungen im Monat. Aber 1100 Franken kostet alleine schon ihre 2-Zimmer-Wohnung in Biel.
In der EL sind auch Mietzinszuschüsse für die Rentner oder Behinderte beinhaltet. Aber obwohl die Mieten schweizweit seit 2001 um rund 24 Prozent gestiegen sind, hat sich dieser Zuschuss seither nicht verändert. Nach intensiver Diskussion hat der Nationalrat zwar beschlossen, den Zuschuss immerhin auf 1200 Franken zu erhöhen – zumindest in den Städten. Gleichzeitig aber neue Kürzungsmöglichkeiten vorgeschlagen.
Verschiedene Sparvorschläge
Das allerdings ist der einzige Punkt, in dem ein Grossteil der bedürftigen Rentner und IV-Bezüger künftig bessergestellt sein sollen. Im Übrigen haben die Politiker einen ganzen Strauss an Sparmassnahmen bei den Ergänzungsleistungen zusammengestellt.
Der Bundesrat schlägt ein Sparpaket von 261 Millionen vor, der Nationalrat will rund 700 Millionen Franken einsparen. Etwa bei den Krankenkassen-Kosten, aber auch bei den Prämien für einen Heimaufenthalt. Und: wer 100'000 Franken Vermögen hat, soll künftig keine EL mehr beziehen können.
Hauptgrund für die Sparmassnahme: Es gibt demografisch bedingt immer mehr alte Menschen. Und die Lebenserwartung ist gestiegen. Heisst konkret: die Ausgaben für die Ergänzungsleistungen steigen.
Debatte im Ständerat
Ab Donnerstag tritt die zuständige Kommission des Ständerates zusammen, um die Sparvorschläge von Bundes- und Nationalrat ebenfalls zu debattieren.
Die Rentnerin Mirza schaut den Spardebatten mit unguten Gefühlen zu. Sie würde, wenn die Kürzung beschlossen wird, wohl mehr für ihre Krankenversicherung zahlen müssen.
Ich würde gern etwas unternehmen, aber mir fehlt das Geld.
Dabei, so sagt sie, reicht ihre Rente schon jetzt kaum zum Leben. «Die Armut hat mich verändert. Ich bin oft traurig, weil ich mir nichts leisten kann. Ich bin keine alte Frau, die nicht mehr aus dem Haus gehen will. Ich würde gern etwas unternehmen, aber mir fehlt das Geld.»