Im Kanton St. Gallen trat 1971 die erste Frau ihren Dienst bei der Kantonspolizei an. Mittlerweile liegt der Frauenanteil im Korps bei 14 Prozent. Dies sei zu wenig, finden die Verantwortlichen. «Es ist dringend notwendig, dass es uns gelingt, mehr Frauen für den Polizeiberuf zu begeistern», sagt Regierungsrat und Vorsteher des St. Galler Sicherheits- und Justizdepartements, Fredy Fässler.
Im Frühjahr 2020 wurde deshalb ein Projekt lanciert, das dazu beitragen soll, den Frauenanteil bei der St. Galler Kantonspolizei zu erhöhen. Unter anderem sollen mehr Frauen für den Polizeiberuf rekrutiert werden. Ein Ziel, das im vergangenen Jahr bereits erreicht worden sei, sagt Fässler. Rund ein Drittel der Aspirantinnen und Aspiranten war 2020 weiblich.
Ein weiteres Ziel bei der St. Galler Kantonspolizei ist es, mehr Frauen für eine Führungsfunktion zu motivieren. Gemäss der Regierung ist der Frauenanteil in Führungspositionen bei der Kantonspolizei nämlich «marginal».
In einer Antwort auf einen entsprechenden Vorstoss im Kantonsparlament schreibt sie: «Nur gerade fünf von total 164 Führungsfunktionen werden von Frauen besetzt.» Und weiter heisst es: «Gemischte Teams arbeiten wirksamer.»
Polizei ist auf Frauen angewiesen
Auch der Kommandant der St. Galler Kantonspolizei, Bruno Zanga, ist überzeugt, dass es in seinem Korps mehr Frauen braucht: «Frauen haben Eigenschaften, welche Männer nicht haben – und umgekehrt.» Bei Einsätzen im Fall von häuslicher Gewalt könne man beispielsweise feststellen, dass Frauen oft eine deeskalierende Wirkung hätten.
Zudem sei durch die Strafprozessordnung vorgeschrieben, dass gewisse Amtshandlungen an Frauen nur von weiblichen Beamten durchgeführt werden dürfen. «Wir sind zwingend auf Frauen angewiesen», so Zanga.
Beruf für Frauen attraktiver machen
Um mehr Frauen für den Beruf der Polizistin gewinnen zu können, gebe es in mehreren Kantonen entsprechende Projekte, sagt Johanna Bundi Ryser, Präsidentin des Verbands Schweizerischer Polizeibeamter. «In der Theorie klingen diese Projekte sehr gut. Wenn es aber um die Umsetzung geht, merken wir, dass es Schwierigkeiten gibt.»
Zum einen scheitere die konsequente Umsetzung mancher Projekte an mangelnden Ressourcen, zum anderen aber auch am fehlenden Willen der Verantwortlichen, so Bundi Ryser. Um den Polizeiberuf für Frauen attraktiver zu machen, brauche es kreative Ideen: «Homeoffice, Jobsharing, aber auch Wiedereinsteigerinnen sollten besser motiviert werden.» Generell brauche es eine Verbesserung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sagt Bundi Ryser.