Bereits in den 80er Jahren, zu den Anfängen der Debatte um die künstliche Befruchtung, fühlte sich manch ein Parlamentarier klein angesichts der grossen Fragen der Schöpfung. Der Mensch dürfe nicht in die Natur eingreifen, warnte zum Beispiel der damalige SP-Ständerat Otto Piller.
«Wehret den Anfängen», sagte auch CVP-Ständerätin Josi Meier. Bereits 1987 in der Ratsdebatte um die künstliche Befruchtung war die Angst gross vor dem Missbrauch, der mit dem medizinischen Fortschritt einher gehen könnte.
Restriktive Bestimmungen konnten die Kritiker nicht beruhigen
1992 dann nahm das Schweizer Stimmvolk jenen Bundesverfassungsartikel an, der noch heute gilt: Er erlaubt die künstliche Befruchtung, jedoch keine Eingriffe am menschlichen Erbgut, keine Leihmutterschaft.
Die restriktiven Bestimmungen sollten die Kritiker beruhigen, taten es aber nicht. Nur zwei Jahre später reichten die Gegner eine Initiative für ein komplettes Verbot der künstlichen Befruchtung ein. Unter diesem Druck wurde eine Gegeninitiative erarbeitet, die auf die Initianten einging, gleichzeitig aber auch den medizinischen Fortschritt berücksichtigte. Auch die PID stand zur Debatte und sorgte 1998 für Diskussionen, die an die heutige Debatte erinnern und zeigen, wie tief die Angst vor Missbrauch sitzt.
Noch im Jahr 2000 hatte die PID vor dem Volk keine Chance
Nach langem politischem Hin und Her sagte das Volk im Jahr 2000 Ja zu einem restriktiven Gesetz, das die künstliche Befruchtung mit Einschränkungen weiter erlaubte. Ein Verbot hatte keine Chance. Die Präimplantationsdiagnostik aber auch nicht.
Es ging nicht lange bis erneut die Forderung kam, die PID zu erlauben. Eine Forderung, die nun zur Abstimmung gelangt. Die Gegner werfen den Befürwortern vor, die Grenzen für die Fortpflanungstechnologie Schritt für Schritt auszudehnen. «Das ist eine Art Salamitaktik», kritisiert EVP-Nationalrätin Marianne Streiff vom Nein-Komitee.
CVP-Nationalrätin Ruth Humbel vom Pro-Komitee kann diesen Vorwurf zwar nachvollziehen. Aber: «Es liegt in der Natur der Sache, dass gesellschaftliche und medizinische Entwicklungen nicht für alle Zeit vorweg genommen werden können.» Und wir hätten den grossen Vorteil, dass das Stimmvolk bei jedem Schritt Ja oder Nein sagen kann.
Wir stecken mittendrin in dieser Debatte um die Zukunft der Fortpflanzungsmedizin in der Schweiz. Am 14. Juni muss die Stimmbevölkerung entscheiden, ob sie für den nächsten Schritt bereit ist oder nicht.