Es ist kurz vor Mittag. Polizistin Alexandra Maier ist auf einem Kontrollrundgang durch Basel. Seit kurzem ist Bettelei für Leuten aus dem EU-Raum in Basel verboten. Maier informiert und weist alle weg, die sich nicht an die neue Regelung halten.
Die meisten Bettlerinnen und Bettler sitzen dort, wo besonders viele Leute unterwegs sind. In der Nähe von Läden zum Beispiel.
Für Bettelnde aus dem europäischen Ausland ist Basel neuerdings ein hartes Pflaster. Wen die Polizei erwischt, den fordert sie mündlich zur Abreise auf. Beim zweiten Mal wird diese Person ans kantonale Migrationsamt weitergereicht, das eine formelle Wegweisung ausspricht. Uneinsichtigen droht eine Einreisesperre.
Beim Billettautomaten an einer Tramstation trifft Polizistin Maier auf eine junge Frau mit einem Schild. «Die meisten sitzen dort, wo es potenziell viele Passanten hat. In der Nähe von Läden zum Beispiel.» Alexandra Maier stellt sich vor, fragt die junge Frau nach ihrem Pass. Diese sagt, sie komme aus Rumänien, übernachte im grenznahen St. Louis (Frankreich) und brauche Geld. «Ich suche hier eine Arbeit», sagt die Rumänin auf Französisch, «und sammle Geld für Essen.» Die Polizistin sucht auf ihrem Diensttelefon nach den Personalien der Frau und bemerkt schnell: Dieselbe junge Frau hat sie erst kürzlich kontrolliert.
Maier spielt der Bettlerin eine Sprachnachricht vor. Die Stimme aus dem Telefon erklärt auf Rumänisch die neuen Regelungen. Sie gelten in Basel seit gut einem Monat, seit dann setzt die Basler Polizei die neue Praxis um. Die Anzahl bettelnder Personen habe seitdem massiv abgenommen, so Maier. Rund zwanzig Bettlerinnen und Bettler seien aktuell in der Stadt. Vor wenigen Wochen habe es weitaus mehr gegeben.
Bis vor kurzem hielten sich noch zehnmal so viele bettelnde Personen aus dem EU-Raum in Basel auf.
Den Weg für die schärfere Praxis geebnet hat das Bundesgericht. Es hat im März festgestellt, dass mittellose Personen aus EU- oder EFTA-Staaten, die einzig zum Betteln in die Schweiz einreisen, die Einreisevoraussetzungen nicht erfüllten. Wer weder Geld noch Job in der Schweiz hat, kann sich nicht auf die Personenfreizügigkeit berufen.
Die neue Basler Praxis gilt beispielsweise in Bern schon länger. Das Bundesgerichtsurteil stütze sie, sagt die Basler Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann: «Wir legen hier das Gesetz aus und das ist auch unsere Aufgabe.»
Damit ist die Basler SP-Kantonsparlamentarierin Barbara Heer nicht einverstanden. Sie kritisiert die härtere Gangart und bezweifelt die Rechtmässigkeit. «Diese Menschen haben in ihren Heimatländern ohnehin schon mit Diskriminierung zu kämpfen. Und Basel sorgt nun mit dieser neuen Gesetzgebung dafür, dass diese Bevölkerungsgruppe noch stärker prekarisiert wird. Das stimmt mich traurig.» Sicherheitsdirektorin Eymann widerspricht.
Armut generell zu bekämpfen, das ist schlicht nicht möglich.
Der Kanton helfe dabei, die Situation in den Herkunftsländern der Bettelnden zu verbessern und habe auch Geld für Bildungsprojekte in Rumänien gesprochen: «In diesem Bereich müssen wir uns weiter stark machen. Aber Armut generell bekämpfen, das ist schlicht nicht möglich.»
Polizistin Alexandra Maier ist mittlerweile fast am Ende ihrer täglichen Tour durch Basel. Vor einem Geschäft trifft sie auf einen weiteren Bettler, der erst kürzlich von einem ihrer Kollegen kontrolliert wurde. «Sie sind doch bereits informiert!», weist sie den Mann auf Französisch zurecht. «Warum sind Sie dann immer noch hier?» Er schweigt und sie nimmt ihn mit auf den Polizeiposten.
Wird er ein drittes Mal in Basel erwischt, droht dem Mann ein Einreiseverbot in die Schweiz.