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Preis-Dschungel Schweizer ÖV-Tarife sorgen für rote Köpfe

Der neue Tarifverbund Libero im Berner Oberland sorgt bei ÖV-Benutzerinnen und -Benutzern für Unmut. Für den Preisüberwacher ist die Situation mit den Tarifverbünden schweizweit unhaltbar geworden. Wegen komplizierter und intransparenter Preise fordert er Massnahmen.

Die Änderung trat letzte Woche in Kraft – und schlägt sich bereits in einigen Beschwerden beim Preisüberwacher Stefan Meierhans nieder. So kostet beispielsweise das Abonnement für die Strecke von Thun nach Gümligen mit der Einführung von Libero statt 1815 neu 2660 Franken: ein Aufschlag von 845 Franken oder knapp 50 Prozent. Denn es gibt es keine Strecken-Abonnemente mehr, sondern nur noch Zonen-Abonnemente.

Es profitieren also nur noch die, welche künftig auch andere ÖV-Verbindungen in den entsprechenden Zonen nutzen. Alle andern bezahlen nun für eine Leistung, die sie nicht beanspruchen. Urs Bloch, Mediensprecher vom Tarifverbund Libero, weiss um diese Probleme, betont aber: «Mit der Einführung der Libero-Tarife sind die Preise insgesamt gesunken, auch wenn wir auf einigen Strecken grosse Preissteigerungen haben.»

«Es braucht einen Pilotenschein, um ein Billett zu kaufen»

Das Problem ist für den Preisüberwacher Stefan Meierhans systemisch: «Die 17 Schweizer Tarifverbünde haben sich über die Jahre immer weiter ausgedehnt, so dass sie sich heute an vielen Stellen sogar überlappen.» Hier sei die Situation für die Kundinnen und Kunden oft gar nicht mehr zu überschauen. Und das müsse sich jetzt ändern.

Grafik zu den Tarifverbünden in der Schweiz.
Legende: Ausser dem Alpenbogen ist die ganze Schweiz von regionalen Tarifverbünden überzogen: 17 sind es mittlerweile an der Zahl. SRF

Die Präsidentin von Pro Bahn, Karin Blättler, pflichtet dem Preisüberwacher voll und ganz bei: «Um heute ein Billett zu kaufen, braucht es oft einen Pilotenschein. Diese Komplexität ist unhaltbar. Wir verlangen, dass endlich eine einzige Preisstruktur für die ganze Schweiz eingeführt wird.»

Problem erkannt – Lösung unbekannt

Auch die ÖV-Branche ist sich bewusst, dass es eine Vereinfachung der Preisstrukturen braucht. Künftig wird deshalb die neugegründete Alliance Swisspass alle Schweizer ÖV-Preise bestimmen.

Doch eine Patentlösung sei nicht in Sicht, sagt der Geschäftsführer Helmut Eichhorn: «Der Orts- und Regionalverkehr ist stark defizitär. Er wird deshalb vom Bund, den Kantonen und den Gemeinden subventioniert. Auf der anderen Seite sind unzählige Transport- und Verkehrsbetriebe involviert. Und all diese Interessen müssen wir unter einen Hut bringen.»

Bis die ÖV-Tarife in der ganzen Schweiz harmonisiert sind, wird es also noch eine Weile dauern. Aber immerhin: Das Problem ist erkannt. Dass es eines gibt, räumt nämlich auch Helmut Eichhorn ein. Es gebe viele Angebote, vielleicht auch zu viele: «Hier müssen wir selbstkritisch mit uns umgehen und auch besser informieren.»

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