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Preisabsprachen im Bündnerland Das sagt der Weko-Präsident zum Baukartell-Skandal

Für Andreas Heinemann ist klar: Whistleblower von Missständen müssten besser geschützt werden.

Der Fall sorgt für ein grosses Echo: Die Wettbewerbskommission Weko hat vor gut zwei Wochen mehrere Baufirmen im Engadin gebüsst, weil sie zwischen 1997 und 2012 ein Kartell gebildet haben. Die Baufirmen haben untereinander die Preise abgesprochen und einen Grossteil der Bauaufträge unter sich aufgeteilt.

Es geht um Bauvolumen im Wert von mindestens 100 Millionen. Zu viel bezahlt haben sowohl private Bauherren, als auch die öffentliche Hand. Der Fall der Engadiner Baukartelle ist so umfassend, dass die Weko nicht alle Verfahren abgeschlossen hat. Es geht um 350 bis 400 Bauaufträge.

Bis zu 40 Prozent höhere Preise

Wie hoch der finanzielle Schaden für die privaten Bauherren und die öffentliche Hand ist, lässt sich auch nach den Untersuchungen nur schätzen, so Andreas Heinemann, Präsident der Weko: «Das hat niemand genau berechnet, es gibt allerdings allgemeine ökonomische Studien und der Erfahrungswert liegt bei etwa 15 bis 20 Prozent an Mehrkosten, die auf die Auftraggeber zukommen.» In Einzelfällen könnten sie aber auch bei 30 bis 40 Prozent liegen.

«Der Baumeisterverband war bis 2008 der Dreh- und Angelpunkt des Kartells.»
Autor: Andreas Heinemann Präsident Weko

Eine wichtige Rolle bei den Absprachen soll jeweils der Graubünderische Baumeisterverband gespielt haben. Er habe die Sitzungen organisiert, an denen die Preisabsprachen getätigt wurden, so der Vorwurf der Weko.

Der Verband räumt zwar ein, zu den Sitzungen eingeladen zu haben. Von den Absprachen will er aber nichts gewusst haben. Der Baumeisterverband weist deshalb die Kritik der Weko zurück. Doch Andreas Heinemann bleibt bei seiner Einschätzung: «Wir haben festgestellt, dass der Baumeisterverband bis 2008 der Dreh- und Angelpunkt des Kartells war.»

Schutz von Whistleblowern soll ausgebaut werden

Den Fall der Engadiner Baukartelle aufgedeckt hat ein Bauunternehmer. Nach eigenen Angaben hat der Informant allerdings einen hohen Preis dafür bezahlt. Nach seinen Enthüllungen erhielt er keine Bauaufträge mehr – sein Unternehmen ging 2013 Konkurs. Es sei kein einfacher Entscheid, einen Missstand aufzudecken, erklärt auch Weko-Präsident Heinemann: «Ein Whistleblower muss sich wegen der Konsequenzen genau überlegen, ob er zur Behörde geht und die Existenz von illegalen Verhaltensweisen aufdeckt. Diese Entscheidung kann ihm niemand abnehmen.»

«Ein Whistleblower muss sich wegen der Konsequenzen genau überlegen, ob er zur Behörde geht.»
Autor: Andreas Heinemann Präsident Weko

Gerade weil Kronzeugen oder Whistleblower oft eine wichtige Funktion hätten, wünscht sich Heinemann, dass der Schutz von Informanten in der Schweiz weiter verbessert wird: «Es gibt die öffentliche Diskussion darüber, wie der Status von Whistleblowern ausgestaltet werden soll.» So werde beispielweise im Arbeitsrecht diskutiert, welche Regeln gelten sollen. «Ich denke, es ist eine gute Idee, diese Regeln weiter zu präzisieren», erklärt Heinemann.

Der aktuelle Fall der Engadiner Baukartelle ist bislang das grösste Verfahren, dass die Weko je geführt hat. Und abgeschlossen sind erst acht von zehn Verfahren. Zudem können sich die betroffenen Unternehmen noch vor Gericht gegen den Entscheid und die Busse der Wettbewerbs-Kommission wehren.

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