Das Weltwirtschaftsforum WEF versetzt die Alpenstadt Davos (rund 12'000 Einwohnerinnen und Einwohner) jedes Jahr in Ausnahmezustand. Erwartet werden während der ganzen Woche rund 2800 Teilnehmer, darunter dutzende Staats- und Regierungschefs aus aller Welt.
Diese vielen Gäste, inklusive Entourage, Sicherheits- und Arbeitskräfte, wollen irgendwo untergebracht sein. Die Nachfrage nach Hotelzimmern und Wohnungen ist darum in der WEF-Woche im Januar besonders hoch. Und dies wiederum führt zu exorbitanten Preisanstiegen bei Unterkünften.
Ein Beispiel: Fünf Nächte im Vierbettzimmer mit Gemeinschaftsbad – also Dusche und WC auf dem Gang – für 18'000 Franken. Die Präsidentin des Hoteliervereins Davos, Tamara Henderson, ist schockiert: «Das ist für mich schlicht unverständlich. Das kann man auch nicht mehr rechtfertigen. In meinen Augen ist das überrissen.» Man könne gar von Abzocke sprechen.
Der Hotelierverein versuche zwar, die Preisaufschläge während der WEF-Woche zu beschränken, sagt Henderson. «Es gibt aber ein paar schwarze Schafe, die ausnutzen, dass die Teilnehmer jeden Preis zahlen.» Nur schon ein Blick auf die Hotelplattformen zeigt die astronomischen Summen.
Neben Hotels vermieten auch viele Davoser Wohnungsbesitzerinnen und -besitzer ihre privaten Räume über Vermittlerportale. Das Ziel: Profit ziehen aus dem WEF.
Vier Personen können etwa in einer Wohnung für 72'618 Franken fünf Nächte lang bleiben. Zwar ist der Standard der Wohnung höher als an anderen Orten, aber: «Dieser Preis ist überhaupt nicht gerechtfertigt. Das ist jenseits, schon fast eine Frechheit», sagt Tamara Henderson vom Davoser Hotelierverein.
Mietende müssen für kurze Zeit ausziehen
Eine weitere, gängige Praxis in Davos sind Ausziehklauseln in Mietverträgen. Vermieterinnen und Vermieter können so ihre Mietenden «zwingen», während des Weltwirtschaftsforums für ein paar Tage oder Wochen aus der Wohnung auszuziehen, um die Räume dann an zahlende WEF-Gäste weitervermieten zu können. Die Mietpreise sind dann üblicherweise um ein Vielfaches höher als für die «normalen» Mieterinnen und Mieter.
Die sehr hohe Nachfrage ist mit einer sehr hohen Zahlungsbereitschaft verknüpft.
Für den Marketingexperten haben die grossen Profite, die die Davoser Kassen während des Weltwirtschaftsforums füllen, aber nicht nur Vorteile. Benjamin Klink von der Fachhochschule Ost beobachtet die Preisentwicklungen rund um das WEF. Und warnt vor einem Imageverlust: Die Destination Davos könnte als hochpreisig im Kopf abgespeichert werden.
Das Problem? Die Kleinräumigkeit! «Besonders am WEF ist das Angebot sehr limitiert. Gleichzeitig gibt es die sehr hohe Nachfrage, die mit einer sehr hohen Zahlungsbereitschaft verknüpft ist», sagt Marketingexperte Klink. Davos ist also auch in Sachen Unterkünfte für mindestens eine Woche während des Weltwirtschaftsforums im Ausnahmezustand.