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Stadt Freiburg führt bezahlten Menstruationsurlaub ein
Aus Schweiz aktuell vom 24.01.2024.
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Premiere in der Schweiz Stadt Freiburg bietet Angestellten Menstruationsurlaub an

Als erste Stadt der Schweiz bietet Freiburg ihren Angestellten Menstruationsurlaub an. Doch nicht alle sind davon begeistert.

Was in einigen asiatischen Ländern längst gang und gäbe ist, hat in der Schweiz nun Premiere: Die Stadt Freiburg wird ihren Angestellten Menstruationsurlaub anbieten. Das Stadtparlament hat einem Vorstoss zugestimmt, Frauen, die unter Menstruationsbeschwerden leiden, drei Tage pro Monat freizustellen.

Eine, die sich darüber freut, ist Flore Ngono. Die leidenschaftliche Basketballspielerin konsumiert den Sport manchmal nur als Zuschauerin vor dem Fernseher. Schuld daran sind Endometriose und Gebärmuttermyome, die ihr während ihrer Menstruation starke Schmerzen bereiten. «Ich habe Bauchkrämpfe und bei den Beinen oft so starke Schmerzen, dass ich nicht mehr laufen kann», sagt Ngono. Wegen der starken Blutung sei sie oft sehr müde.

Endometriose kurz erklärt

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Legende: Die roten Punkte zeigen die Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut ausserhalb der Gebärmutter. imago/ BSIP

Endometriose ist eine gynäkologische Erkrankung. Das Wort Endometriose steht für Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) gleicht und sich ausserhalb der Gebärmutter ansiedelt. Diese krankhafte Wucherung der Gebärmutterschleimhaut kann aber auch an verschiedenen anderen Stellen des gesamten Bauchraums vorkommen. Die Endometrioseherde machen den Monatszyklus mit und können während der Menstruation bluten oder auch darüber hinaus Schmerzen verursachen, Entzündungen provozieren und wachsen. Sie können den Eileiter verstopfen und weitere Beschwerden (unter anderem Unfruchtbarkeit) mit sich bringen.  

Schätzungsweise zehn bis 15 Prozent der Frauen leiden an Endometriose. Diese werden oft nicht ernst genommen, weil ihre Symptome als «typische Frauenleiden» abgetan werden. Mit dem Entscheid des Freiburger Stadtparlaments soll es ihnen nun leichter fallen, sich krankzumelden. Bei weniger als drei Tagen Abwesenheit müssen die 308 Frauen, die bei der Stadt angestellt sind, kein ärztliches Attest vorlegen.

Eine Frau krümmt sich und hält ihren Bauch mit beiden Händen.
Legende: Freiburg ist die erste Stadt in der Schweiz, die ihren Angestellten bei Menstruationsbeschwerden drei Tage Urlaub anbietet. imago/ YAY Images

Der Vorschlag wurde von Politikerinnen der SP, Grünen und Grünliberalen eingereicht. Mit diesem wollen die Initiantinnen das Thema Menstruation enttabuisieren. «Wenn ich Menstruationsschmerzen hatte, ging ich trotzdem arbeiten und versuchte die Schmerzen zu verbergen», sagt Margot Chauderna, Generalrätin Grüne Freiburg. Mit dieser Lösung würden sie die Menstruation zu einem legitimen Grund machen, der Arbeit fernzubleiben und danach in besserer Form zurückzukommen.

Gynäkologin: Urlaub nicht die richtige Lösung

Eine der wenigen Parlamentarierinnen, die sich gegen den Urlaub ausgesprochen hat, ist Océane Gex, Generalrätin der FDP Freiburg. Für sie ist der Vorschlag eine schlechte Lösung für ein echtes Problem: «Das ist eine zusätzliche emotionale Belastung für diejenigen Frauen, denen es sowieso schon nicht gut geht», sagt Gex und ergänzt: «Dann müsste es auch einen Urlaub geben für ein Burnout und andere Krankheiten, die eigentlich durch die Krankenkassen geregelt sind.»

In diesen Ländern ist der Menstruationsurlaub ein Thema

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Spanien: Am 17. Mai 2022 wurde in Spanien ein Gesetzesentwurf verabschiedet, welcher Frauen Menstruationsurlaub zuspricht. Es ist das erste Land in Europa, welches ein solches Gesetz verabschiedet hat.

Italien: In Italien wurde 2017 ein Gesetzesentwurf für einen Menstruationsurlaub vorgelegt. Dieser scheiterte jedoch.

Kanada: Auch in Kanada scheiterte ein Gesetzesentwurf im Jahre 2010.

Japan: Bereits seit 1947 dürfen Frauen in Japan einen freien Menstruationstag pro Monat beziehen. Sie müssen dafür aber nicht bezahlt werden.

Südkorea: Seit den 1950er Jahren müssen Arbeitgeber in Südkorea ihren weiblichen Angestellten bei Menstruationsbeschwerden einen Tag im Monat freigeben. Ob sie in dieser Zeit dennoch Lohn bekommen, ist im Gesetz nicht geregelt.

Indonesien: Auch in Indonesien haben Frauen seit den 1950er Jahren das Recht auf zwei freie Tage pro Periode. Seit 2003 ist der Menstruationsurlaub bezahlt.

Taiwan: Seit 2002 können Frauen in Taiwan pro Jahr drei Tage zu Hause bleiben, wobei maximal ein Tag pro Monat bezogen werden kann. Wie bei einer normalen Krankschreibung erhalten sie dann nur die Hälfte ihres Lohns.

Sambia: In Sambia dürfen Frauen seit 2015 einen Tag pro Periode freinehmen. Ein ärztliches Zeugnis ist dafür nicht notwendig.

Ob die Unternehmen die Gesetze in den genannten Ländern auch befolgen, kann unabhängig nicht geprüft werden.

Gynäkologin Dorothea Wunder findet es wichtig, dass über diese Fragen gesprochen wird. Aber auch sie bezweifelt, dass der Urlaub die richtige Lösung ist. Die Gynäkologin befürchtet, dass durch den Menstruationsurlaub die betroffene Frauen zu spät zum Arzt gehen würden. «Das Ziel muss es sein, dass die Schmerzen verschwinden und die Frauen nicht jeden Monat leiden müssen. Es geht vor allem darum, die richtige Therapie für die Patientinnen zu finden», so Wunder.

Nur in wenigen Schweizer Städten wird der Menstruationsurlaub thematisiert. Neben einem Pilotprojekt der Stadt Zürich ist in Lausanne ein Postulat mit dem gleichen Vorschlag wie in Freiburg hängig.

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Archiv: Stadt Zürich will probeweise Menstruationsurlaub einführen
Aus 10 vor 10 vom 01.12.2022.
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Schweiz aktuell, 24.01.2024, 19 Uhr;

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