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Auch in der Schweiz gibt es Menschenhandel
Aus 10 vor 10 vom 25.10.2019.
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Problem Menschenschmuggel So gelangen Chinesen illegal in die Schweiz

Der Fall der 39 toten Chinesen in Grossbritannien erschüttert. Doch Menschenhandel aus China findet auch in die Schweiz statt. Auch hier leben und arbeiten Chinesen unter menschenunwürdigen Bedingungen. Tendenz zunehmend, sagt Thomas Roth von der NGO Trafficking.ch.

Thomas Roth

Thomas Roth

Co-Leiter der NGO Trafficking.ch

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Thomas Roth ist Co-Leiter der NGO Trafficking.ch, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Menschenhandel zu bekämpfen. In der Schweiz betreibt die NGO das Schutzhaus «Fortis», wo hauptsächlich Opfer sexueller Ausbeutung Schutz finden. Roth schult zudem die Polizei im Umgang mit illegalen Einwanderern aus China.

Thomas Roth, was beobachten Sie in Bezug auf den Menschenschmuggel aus China?

Thomas Roth: Die Polizei entdeckt zunehmend Opfer von chinesischem Menschenhandel in der Schweiz. Die Meisten, die entdeckt werden, sind Opfer sexueller Ausbeutung. Das hängt aber damit zusammen, dass die Polizei in diesem Bereich viele Ressourcen investiert.

Wir schätzen, dass in der Schweiz permanent zwischen 500 und 600 chinesische Opfer von Menschenhandel tätig sind.

In anderen Bereichen – wie etwa der illegalen Arbeit in Restaurants – sind in der Schweiz wesentlich mehr Chinesen betroffen. Doch das Dunkelfeld ist gross. Vieles wird nie aufgedeckt.

Wie viele Chinesen arbeiten illegal in der Schweiz?

Wir schätzen, dass in der Schweiz permanent zwischen 500 und 600 chinesische Opfer von Menschenhandel tätig sind. Und das ist eine vorsichtige Schätzung. Es könnten auch mehr sein. Es kommt im Fall von Chinesen allerdings selten zu Verfahren wegen Menschenhandels.

Warum?

Das hängt damit zusammen, dass die meisten Chinesen – wenn entdeckt wird, dass sie sich illegal hier aufhalten und arbeiten – schlicht nicht mit den Behörden kooperieren. Sie haben Angst, dass ihren Angehörigen zuhause etwas passieren könnte. Sie wollen deshalb keine Aussage gegen die Menschenschmuggler machen. Und so bleibt den Behörden nichts anderes übrig, als die Betroffenen wegen illegalem Aufenthalt zu büssen – und sie auszuweisen.

Den Behörden sind schlicht die Hände gebunden.

Zu weiteren Ermittlungen gegen den ganzen Schmuggler-Ring kommt es dann nicht. Den Behörden sind schlicht die Hände gebunden. Um den Schmuggler-Ring aufzudecken, müsste man sehr aufwändig verdeckt ermitteln und auch Opfer überwachen, um so Beweise zu sammeln.

Wie lange existiert der Menschenschmuggel aus China?

Die Menschenschmuggel-Organisationen sind uralte Netzwerke, die es in China seit mindestens 200 Jahren gibt. Einige waren schon während des Goldrausches in Amerika im 19. Jahrhundert aktiv. So gelangten viele Chinesen in die USA. Migrierte Chinesen haben in den USA massgeblich dazu beigetragen, dass die transpazifische Eisenbahn gebaut wurde.

Wie funktioniert der Menschenschmuggel aus China?

Man muss sich so eine Menschenschmuggel-Organisation vorstellen wie ein Reiseunternehmen. Diese bieten verschiedene «Pakete» zu ganz unterschiedlichen Preisen an. Man findet solche Angebote sogar im Internet. Die Chinesen, die migrieren wollen, verschulden sich, um so ein Paket kaufen zu können. Sie bezahlen zwischen 3000 Franken und 120'000 Franken – das war bisher der höchste Betrag, der aufgedeckt werden konnte.

Im Normalfall kostet es rund 50'000 Franken, um einen Chinesen nach Europa zu schmuggeln.

Diese Angebote versprechen den Chinesen gut bezahlte Jobs im Schengenraum. Man gaukelt ihnen vor, sie könnten bis zu 10'000 Franken im Monat verdienen. Im Normalfall kostet es rund 50'000 Franken, um einen Chinesen nach Europa zu schmuggeln. In der Schweiz waren die Beträge bis jetzt niedriger.

Wie läuft das konkret ab?

Meistens besitzen diese Chinesen noch gar keinen Pass. Die Schmuggel-Unternehmen besorgen ihnen die Pässe – oft auf legale Art und Weise. Um nach Europa zu reisen gibt es ganz komplexe Vorgehensweisen. Zum Teil werden Pässe auf Flughäfen unterwegs ausgetauscht. Die Betroffenen reisen dort mit einer Identität ein – und mit einer anderen weiter. Weil sie ähnlich aussehen, ist das sehr schwer zu entdecken.

Das Gespräch führten Brigit Weibel und Stephan Rathgeb.

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