Ein Waldstück oberhalb der Baselbieter Gemeinde Duggingen. Hier treffen sich Senioren zum Spaziergang, Jugendliche zum Grillabend und Kinder in der Waldspielgruppe. Ein Stück heile Natur – doch die Idylle trügt.
Nach Jahrzehnten zurück an der Oberfläche
In diesem Wald wurde jahrzehntelang Abfall entsorgt, Kehricht aus umliegenden Gemeinden wurde hier in Deponien geleert. Sobald die Gruben voll waren, wurden sie zugeschüttet. Nun liegt kiloweise Müll unter der Erde im Wald vergraben – und seit kurzem strömt dieser Abfall wieder an die Oberfläche.
So ist Marco Agostini auf die unterirdische Mülldeponie gestossen. Der Baselbieter fand im Dugginger Wald vermehrt Abfälle. Agostini war unklar, woher diese stammten – bis er sich daran erinnerte, dass im Wald in den 1970er-Jahren eine Müllgrube stand. Jahrelang war von ihr nichts zu sehen, war sie doch meterweit begraben. Nun ist die oberste Erdschicht jedoch dünn geworden und der Abfall quillt hervor. Autoreifen, Bauschutt und ähnliche Ausschüsse liegen nun sichtbar mitten im Wald.
Üblich bis in die 1980er-Jahre
Der begrabene Müll in Duggingen ist kein Einzelfall: Rund 15'000 solcher Deponien, sogenannter «Ablagerungsstandorte», gibt es in der Schweiz. Den eigenen Abfall im Wald entsorgen? Was heute undenkbar ist, war lange Usus, sagt Dominic Utinger vom Baselbieter Amt für Umweltschutz und Energie: «Es war Standard bis in die 1980er-Jahre, dass man Abfälle in Gemeindenähe im Wald deponiert hat.»
Kehricht wird zwar bereits seit der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts verbrannt, doch erst seit der Jahrtausendwende ist es verboten, brennbare Abfälle zu lagern. Deswegen befinden sich hierzulande riesige Abfallmengen im Boden, entsorgt in den öffentlichen Deponien – frei nach dem Motto «aus den Augen, aus dem Sinn».
Lohnt es sich, dagegen vorzugehen?
Marco Agostini, der Baselbieter Müllsammler, wünscht sich, dass diese Deponien ausgegraben und die Abfälle daraus sachgerecht recycliert würden. Das wäre allerdings eine Herkulesarbeit – und würde sich nicht zwingend lohnen.
Die Gruben zu sanieren, lohnt sich nämlich nur in manchen Fällen, bestätigt das Bundesamt für Umwelt (Bafu). Ein Grund für eine Sanierung liegt laut Michel Monteil, Leiter der Abteilung Abfall und Rohstoffe, vor, wenn das Grundwasser oder die Luft geschädigt werden könnte. «Wenn man hier eine Infiltration von Schadstoffen feststellt, muss der Kanton entscheiden, ob er sanieren will oder nicht.»
Nur selten ein Sicherheitsrisiko
Hinzu kommt, dass es nicht zwingend die umweltfreundlichere Option ist, diese Deponien zu entfernen. Dafür müssten die Bäume vor Ort gerodet werden, bevor die Grube ausgehoben und geleert würde. Im Anschluss müsste das Loch wieder gefüllt und neu kultiviert werden. Zudem müssten Lastwagen den Abfall abtransportieren – nicht gerade eine ökologische Massnahme.
In Duggingen wird nun geprüft, ob Schadstoffe am Standort der alten Deponie ins Grundwasser gelangen könnten. Die kantonalen Behörden gehen nicht von einem Sicherheitsrisiko aus, es käme also nicht zu einer Sanierung. So muss auch Umweltfreund Marco Agostini akzeptieren, dass der Müll wohl begraben unter dem Wald von Duggingen liegen bleibt. Immerhin: Der Abfall, der an die Waldoberfläche gelangte, wurde unterdessen entfernt.