Zum Inhalt springen

Probleme mit VBS-Rechenzentren Schlechte Nachrichten für die Sicherheit von sensiblen Daten

Bei zwei geplanten VBS-Rechenzentren kommt es zu gravierenden Problemen. Die Folge sind massive Verzögerungen.

  • Sensible Daten besser schützen und krisenresistent aufbewahren – das ist das Ziel des Rechenzentren-Verbunds.
  • Drei Rechenzentren – zwei davon mit militärischem Vollschutz – hätten in den Jahren 2018 bis 2022 in Betrieb gehen sollen. Kostenpunkt: Fast eine Milliarde Franken.
  • Doch jetzt zeigen SRF-Recherchen, dass das VBS bei den beiden Projekten Fundament und Kastro II mit gravierenden Problemen kämpft.

Campus, Fundament und Kastro II heissen die drei geplanten Rechenzentren, die geografisch voneinander getrennt realisiert, aber miteinander verbunden werden sollen. Über 980 Millionen Franken will man investieren, um zahlreiche bestehende – teilweise veraltete – Rechenzentren zu ersetzen und die Sicherheit zu erhöhen.

Denn zwei der neuen Gross-Zentren sollen militärisch voll geschützt und redundant betrieben werden. Das heisst, beim Ausfall eines Zentrums könnte das andere dessen Funktionen übernehmen, weil alle Daten gespiegelt werden. Doch davon ist man weit entfernt.

Rechenzentrum Fundament: Bei diesem Rechenzentrum, das an einem geheimen Ort im Gebirge in eine bestehenden Felskaverne eingebaut wird, habe man beim Bau der Bodenplatte Mängel festgestellt, bestätigt Divisionär Thomas Süssli, Chef der Führungsunterstützungsbasis der Armee FUB gegenüber SRF.

Der neue Fussboden habe deshalb wieder herausgerissen werden müssen. «Die Bodenplatte, die wurde komplett rückgebaut und wird jetzt neu aufgebaut. Mit entsprechenden Kostenfolgen, welche Bestandteil eines juristischen Verfahrens sind, wer diese tragen muss», so Süssli.

Im Herbst des letzten Jahres hat dann auch noch der private Generalplaner sein Mandat niedergelegt, der die Verantwortung für sämtliche Planungsbereiche beim Projekt Fundament trug. Aus Sicht des VBS hat er damit gegen Normen des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA verstossen.

Die Bodenplatte, die wurde komplett rückgebaut und wird jetzt neu aufgebaut.
Autor: Thomas Süssli Divisionär

Für Süssli ist klar: «Gemäss SIA erfolgte diese Mandatsniederlegung zu Unzeiten. Das ist zurzeit Bestandteil eines juristischen Verfahrens. Und deshalb kann ich mich dazu nicht äussern.»

Gemäss ursprünglicher Planung hätte das Rechenzentrum Fundament eigentlich im letzten Jahr in Betrieb genommen werden sollen. Jetzt muss der FUB-Chef bekanntgeben: «Aufgrund der geologischen Probleme kommt es zu einem Verzug. Und die Übergabe an den Betreiber wird dann Ende 2020 erfolgen.»

So reagieren die Politiker

Box aufklappen Box zuklappen

Sicherheitspolitiker reagieren konsterniert auf diese Aussichten. Man werde zwar vom VBS laufend über den Stand der Top-Projekte informiert, also auch über die Verzögerung bei den Rechenzentren, sagt Josef Dittli (FDP) , Präsident der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates.

«Allerdings war uns die Tiefe und das Ausmass der Konsequenzen zu wenig bewusst», so Dittli. «Es ist mir ein Anliegen, dass wir dieses Thema in der sicherheitspolitischen Kommission aufbringen und dass wir uns über diese Thematik informieren lassen.»

Gleich reagiert Werner Salzmann (SVP) , Präsident der sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates. «Was mir Sorgen macht, ist die Sicherheitslücke, die entstehen soll», so Salzmann. «Über diese Sache wurden wir nicht so tief informiert. Und da müssen wir schon noch mehr wissen.» Auch Salzmann will die Rechenzentren nun in seiner Kommission zum Thema machen.

Rechenzentrum Kastro II: Hier sind die Probleme noch viel gravierender. Auch dessen Standort hätte eigentlich geheim bleiben sollen. Doch aus mittlerweile veröffentlichten Unterlagen kann man ableiten, dass Kastro II ausgerechnet beim ehemaligen Munitionslager der Armee aus dem 2. Weltkrieg in Mitholz im Berner Oberland geplant war. Schon 2009 habe man dieses Projekt in Angriff genommen und sich etwas später für Mitholz entschieden, sagt FUB-Chef Süssli.

Explosionsgefahr in Mitholz

Box aufklappen Box zuklappen

Im 2. Weltkrieg wurde in Mitholz ein unterirdisches militärisches Munitionslager gebaut. Seit der Explosion im Jahr 1947 liegen in den eingestürzten Anlageteilen und im Schuttkegel davor noch rund 3'500 Bruttotonnen Munition mit mehreren hundert Tonnen Sprengstoff.

Diese Neubeurteilung im Jahr 2017 kam bekanntlich zum Schluss, dass die Gefahr einer Explosion in Mitholz viel grösser ist als bisher angenommen. Aus heutiger Sicht, sagt die FUB, hätte man «die Detail-Abklärungen zu diesem Thema besser früher durchgeführt». Mitholz kommt als Standort eines Rechenzentrums nicht mehr in Frage.

Im Moment gehen wir davon aus, dass sich die Inbetriebnahme auf das Jahr 2028 verschieben wird.
Autor: Thomas Süssli Divisionär

Nun beginnt man von vorne. Aus rund 60 möglichen Standorten habe man mittlerweile einige wenige auswählt, für die eine Machbarkeitsstudie erstellt werde. Ende Jahr will man den neuen Standort bestimmen. 2022 hätte Kastro II eigentlich in Betrieb gehen sollen. Süssli sagt: «Im Moment gehen wir davon aus, dass sich die Inbetriebnahme auf das Jahr 2028 verschieben wird.»

Also sechs Jahre später als geplant. Bis dahin wird nichts aus dem geplanten Verbund der Rechenzentren. In ausserordentlichen Lagen - wie bei einer Cyberattacke oder bei länger andauerndem Strommangel in der Schweiz - könne das ein Risiko sein, sagt Süssli.

Timeline Rechenzentren des VBS

2010Das VBS startet das Projekt «RZ VBS/Bund 2020» für zwei Rechenzentren mit militärischen Vollschutz (Fundament und Kastro II) und ein Rechenzentrum mit zivilem Teilschutz (Campus, Standort in Frauenfeld). Geplante Investitionen: 924,8 Millionen Franken.
Die Führungsunterstützungsbasis der Armee (FUB) wählt das ehemalige Munitionslager in Mitholz im Berner Oberland als Standort für das Rechenzentrum Kastro II aus und formuliert ein entsprechendes Bedürfnis an armasuisse Immobilien.
20. Februar 2013Der Bundesrat unterbreitet dem Parlament mit dem «Immobilienprogramm VBS 2013» einen Rahmenkredit im Umfang von 150 Millionen Franken für den Aus- und Neubau des Rechenzentrums Fundament. Als Übergabetermin an die Benutzer wird «Mitte 2018» genannt.
7. März 2014Der Bundesrat unterbreitet dem Parlament mit dem «Rüstungsprogramm 2014» einen Verpflichtungskredit von weiteren 120 Millionen Franken für die Ausrüstung des Rechenzentrums Fundament mit Informatikmitteln.
2014Baubeginn des Rechenzentrums Fundament an einem geheimen Standort in einer bestehenden Felskaverne.
31.
März 2017
Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte stellt in ihrem Jahresbericht in Bezug auf das Rechenzentrum Fundament fest: «Die Risiken nehmen (…) zu, weil die Schwierigkeiten beim Bauen im Fels unterschätzt wurden. Die Zeitreserven sind aufgebraucht und Verzögerungen sind nicht auszuschliessen.»
29.
November 2017
Im VBS kommen Zweifel bezüglich des Risikos der noch vorhandenen Munition aus dem 2. Weltkrieg im Lager Mitholz für das Projekt Kastro II auf. Der Projektausschuss RZ VBS Bund erteilt der Informations- und Objektsicherheit des VBS den Auftrag zur Erarbeitung einer Risikoanalyse. Diese setzt eine Expertengruppe ein.
2018Beim Einbau der Bodenplatte durch ein beauftragtes privates Unternehmen im Rechenzentrum Fundament werden von der Projektleitung Mängel festgestellt. Es wird eine Expertise ausgearbeitet. Die Bodenplatte muss komplett zurückgebaut und neu erstellt werden. Zur Frage der Verantwortlichkeiten läuft ein juristisches Verfahren.
13.
März 2018
Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte schreibt in ihrem Jahresbericht: «Verzögerungen gab es beim RZ Fundament aufgrund geologischer Schwierigkeiten und einem komplexeren Bauablauf als ursprünglich geplant.»
28. Juni 2018Die vom VBS eingesetzte Expertengruppe kommt zum Schluss, dass im ehemaligen Munitionslager Mitholz ein höheres Risiko für eine weitere Explosion von Munitionsrückständen bestehe als bisher angenommen. Verteidigungsminister Guy Parmelin fällt den Entscheid, das Rechenzentrum Kastro II nicht in Mitholz zu bauen und einen neuen Standort zu suchen.
Herbst
2018
Beim Projekt Fundament legt der private Generalplaner sein Mandat nieder – aus Sicht des VBS «zu Unzeiten». Ein juristisches Verfahren wird eingeleitet.
Ende 2020Neuer geplanter Übergabetermin für das Rechenzentrum Fundament (2 Jahre später als ursprünglich geplant).
2028Neuer geplanter Termin für die Inbetriebnahme des Rechenzentrums Kastro II (6 Jahre später als ursprünglich geplant).

Meistgelesene Artikel