Welcher Beruf passt zu mir? Wie finde ich eine Lehrstelle? Wie schreibe ich eine Bewerbung? Für Jugendliche sind diese Fragen eine grosse Herausforderung – und für manche gar eine unüberwindbare Hürde. Vor allem für Jugendliche, die noch nicht lange in der Schweiz leben, kann die Lehrstellensuche sehr schwierig sein. Helfen kann ihnen «Incluso», ein Programm der Zürcher Caritas. Seit zwanzig Jahren begleiten freiwillige Mentorinnen und Mentoren Jugendliche auf dem Weg in die Berufswelt.
Eine der Freiwilligen ist die 33-jährige Yusmila Machado. Sie hat selbst dank einer Mentorin eine Lehrstelle gefunden. Die Kubanerin kam als Siebzehnjährige mit ihrer Mutter in die Schweiz. «Damals war ich in einem schwierigen Alter», sagt Machado im Rückblick.
In dieser Lebensphase sei viel im Umbruch gewesen. Sich gleichzeitig in einem fremden Land zu orientieren, war für Machado keine leichte Aufgabe: «Ich konnte die Sprache nicht. Und in der Schweiz funktionierte vieles völlig anders als in Kuba.»
«Jetzt ist es Zeit, dass ich helfe»
Unterstützung erhielt Yusmila Machado von ihrer Mentorin. Die Teenagerin konnte sich mit allen Fragen bei ihr melden. «Sie nahm eine zentrale Rolle in meinem Leben ein», sagt Machado. Häufig beschrieb sie ihrer Mentorin in E-Mails auf Deutsch, wie sie sich gerade fühlte. «Dann hat sie die Texte korrigiert.» Bei Treffen bereiteten die beiden Bewerbungsdossiers vor und übten Vorstellungsgespräche.
Nach intensiver Suche fand Machado eine KV-Lehrstelle. Heute arbeitet sie im Marketing und begleitet als Mentorin eine 17-jährige Spanierin. «Mir wurde früher geholfen. Jetzt ist es Zeit, dass ich anderen helfe», sagt sie.
Zwischen Besorgnis und Freudentaumel
Dieser Rollenwechsel bringt aber Hürden mit sich: So erlebte die Mentorin, wie ihr Schützling Absage um Absage erhielt. «Das sind schwierige Momente, in denen man am Erfolg zweifelt», sagt Machado. Trotzdem müsse man sich stark und ermutigend zeigen.
Umso schöner sind Erfolgserlebnisse. Vor vier Monaten erhielt die junge Spanierin eine Zusage. Sie konnte eine Lehrstelle als Chemielaborantin beginnen. «Sie schrie regelrecht ins Telefon vor Begeisterung und konnte kaum sprechen», sagt Machado. «Wir haben uns beide sehr gefreut.»
Abbrüche sind selten
Im Zeitraum von zwanzig Jahren haben Freiwillige wie Yasmina Machado 1600 Jugendliche begleitet. «Die meisten haben eine befriedigende Anschlusslösung gefunden», sagt Andreas Reinhart, Mediensprecher der Caritas Zürich. Sei es eine Lehrstelle oder beispielsweise ein zehntes Schuljahr.
Auch Abbrüche gab es im Mentoring-Programm schon: «Glücklicherweise Einzelfälle», sagt Reinhart. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas prüften jeweils genau, ob ein Duo funktionieren könnte. «Passt es nicht, schauen wir, ob sich eine andere Person vermitteln lässt.»
Genügend Freiwillige zu finden, ist allerdings schwierig. «Im Moment suchen wir viele Leute», räumt Reinhart ein. Bei Hilfswerken wie beim Roten Kreuz sei es ähnlich. «Vielleicht möchten sich die Leute momentan weniger festlegen», vermutet der Caritas-Mediensprecher. Oder sie hätten sich während der Pandemie stark engagiert und wünschten sich nun Zeit für sich.
Auch Yusmila Machado legt momentan eine Pause ein: Sie verreist einige Monate. Danach möchte sie aber wieder als Mentorin arbeiten. Und in dieser Rolle ihre Dankbarkeit weitergeben.