- Dem Polizisten wurde vorgeworfen, einen Mann bei einer Kontrolle brutal verprügelt zu haben.
- Der Kläger wurde laut seinem Anwalt nur aufgrund seiner Hautfarbe überprüft.
- Diese Anschuldigungen bestritt der beschuldigte Polizist. Er konnte das Gericht überzeugen und erhält eine Entschädigung von 48'000 Franken.
Der Vorwurf: Er habe das Leben eines Menschen gefährdet. Deshalb stand am Donnerstag ein Stadtpolizist vor dem Zürcher Obergericht. Der 48-Jährige wurde beschuldigt, einen Mann bei einer Personenkontrolle schwer verletzt zu haben.
Der Vorfall geschah im Oktober 2009. Damals wollten drei Beamte der Stadtpolizei Zürich einen Schwarzen Mann kontrollieren. Doch er weigerte sich, seinen Ausweis zu zeigen. Daraufhin eskalierte die Situation und endete für den Mann mit Verletzungen wie einem gebrochenen Lendenwirbel und verschiedenen Quetschungen. Wie es dazu kam, schildern die Beteiligten vor Gericht unterschiedlich.
Welche Rolle spielte die Hautfarbe?
Für den kontrollierten Mann und seinen Anwalt war klar: Es handelte sich bei der Personenkontrolle um «Racial Profiling». Sein Mandant sei nur aufgrund seiner Hautfarbe kontrolliert worden, sagte der Anwalt beim Prozess.
Laut Anklage wusste der Polizist, dass der Kläger eine Herzoperation gehabt hatte. Dennoch sei er äusserst brutal vorgegangen. Er soll den Mann minutenlang gewürgt haben, als dieser am Boden lag.
Dieser Vorgang sei lebensgefährlich gewesen, sagte der Anwalt. Deshalb solle der beschuldigte Polizist verurteilt werden. Als Gruppenführer trage er die «volle Verantwortung für den Einsatz».
Polizist wies Vorwürfe zurück
Ganz anders stellte der beschuldigte Polizist die Situation dar. Er bestritt, den Mann am Hals gepackt und zugedrückt zu haben. Er habe zudem nicht gewusst, dass dieser eine Herzoperation hinter sich habe.
Der Beschuldigte äusserte sich auch zu den Gründen für die Personenkontrolle. Er habe diese aufgrund einer Meldung durchgeführt. Schon früher begründete die Polizei die Kontrolle mit einer Verwechslung: Der Mann habe dem Profil eines gesuchten Verdächtigen entsprochen.
Der 48-jährige Polizist sprach vor Gericht zudem über seine eigene Situation. Dass das Strafverfahren schon über 14 Jahre dauere, sei eine Belastung für ihn. Nun kam es zum Freispruch. Der Polizist erhält eine Entschädigung von 48'000 Franken.
Zwei andere Freisprüche sind rechtskräftig
Schon 2018 hatte das Bezirksgericht Zürich den Polizisten, einen involvierten Arbeitskollegen und eine Arbeitskollegin freigesprochen. Die Darstellung des Klägers sei nicht glaubhaft, argumentierte das Gericht damals.
Zwei der Freisprüche sind rechtskräftig. Doch das Urteil gegen den Einsatzleiter hat der Kläger weitergezogen. Deshalb musste sich das Zürcher Obergericht mit dem Fall befassen. Es hat sich nun auf die Seite des beschuldigten Polizisten gestellt.
Mit dem Entscheid des Obergerichts dürfte der Fall aber nicht abgeschlossen sein. Der Anwalt des Klägers hat angekündigt, das Urteil ans Bundesgericht weiterzuziehen. Sollte auch dieses dem Polizisten Recht geben, müsse sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte damit befassen.
Schon im Vorfeld hatte der Gerichtsprozess viele Emotionen ausgelöst. So kam es vor dem Obergericht am Morgen zu einer Kundgebung. Demonstrantinnen und Demonstranten stellten sich hinter den Kläger und verfolgten den Prozess auch später im Saal. Die Gruppe «Allianz gegen Racial Profiling» hatte dazu aufgerufen.