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Prozess in Frauenfeld Freispruch für Chef der Versandapotheke «Zur Rose»

Die umstrittenen Geschäftspraktiken der Vergangenheit werden nicht strafrechtlich geahndet.

Der Chef der Versandapotheke «Zur Rose» ist am Mittwoch vom Bezirksgericht Frauenfeld freigesprochen worden. Sowohl der Online-Medikamentenversand sowie umstrittene Ärzteentschädigungen werden somit nicht rückwirkend strafrechtlich geahndet.

«Zur Rose» hatte in den Jahren 2011 bis 2015 nicht-rezeptpflichtige Medikamente auf Bestellung an Kunden versandt, ohne die gemäss Heilmittelgesetz vorgeschriebene ärztliche Verschreibung korrekt durchgeführt zu haben. Zu diesem Schluss kam 2015 bereits das Bundesgericht. Laut Anklageschrift ging es um etwa 143'000 Bestellungen im Umfang von total mindestens 7,15 Millionen Franken.

Auch mit der Auszahlung von Vergütungen an Ärzte verstiess «Zur Rose» laut einem Bundesgerichtsurteil von 2014 gegen das damalige Heilmittelgesetz. Laut Anklage erhielten in den Jahren 2010 bis 2014 rund 6400 Ärzte insgesamt über acht Millionen Franken an solchen Entschädigungen. Nach den Bundesgerichtsurteilen stellte «Zur Rose» die umstrittenen Geschäftspraktiken ein.

Die Privatklägerin, der Apothekerverband Pharmasuisse, führte ins Feld, dass sich «Zur Rose» damit in unlauterer Weise einen Wettbewerbsvorteil verschafft habe. Auch sei durch die ungenügende medizinische Beratung beim Online-Versand die Gesundheit der Kunden bedroht gewesen.

Das Bezirksgericht Frauenfeld sah dies anders und sprach «Zur Rose»-CEO Walter Oberhänsli nun von allen Anklagepunkten frei. Eine rückwirkende Ahndung der widerrechtlichen Geschäftstätigkeiten sei nicht zulässig. Bis zu den Bundesgerichtsurteilen sei das Geschäftsmodell durch sämtliche kantonale Verwaltungs- und Gerichtsentscheide legal gewesen.

Urteil wird unterschiedlich aufgenommen

Walter Oberhänsli sagte nach dem Richterspruch gegenüber Radio SRF: «Das Urteil erfüllt mich mit Genugtuung.» Er hoffe, dass nun die zehnjährige Odyssee von Rechtsverfahren, die unnötig gewesen seien, nun ein Ende finde.

Enttäuscht über das Urteil zeigt sich Pharmasuisse. In einer Mitteilung schreibt der Verband, die Versandapotheke habe bewusst geltendes Recht umgangen. «Wir können dieses Gerichtsurteil nicht nachvollziehen», heisst es weiter.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA gab Pharmasuisse an, den Fall nicht ans Obergericht weiterziehen zu wollen. Die Gerichtskosten werden aufgrund des Freispruchs vom Kanton Thurgau übernommen. Walter Oberhänsli wird mit 30'000 Franken entschädigt.

Regionaljournal Ostschweiz 13.01.2021, 17:30 Uhr ; 

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