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Rasante Gletscherschmelze Morteratschgletscher verliert eine Million Tonnen Eis am Tag

  • Bis vor Kurzem lag in den Bergen noch viel Schnee. Das hat die Gletscher geschützt, weil Schnee viel Sonnenlicht reflektiert.
  • In den letzten Wochen und Tagen schmolz der Schnee aber rasant. Dazu hat auch der Einfall von Saharastaub beigetragen.
  • Ein Beispiel: Der Morteratschgletscher im Engadin wird täglich um gegen eine Million Tonnen Eis ärmer.

Glaziologe Felix Keller von der Academia Engiadina ist erstaunt über den schnellen Schmelzprozess am Morteratschgletscher. «Vor zwei Monaten lagen noch über zwei Meter Schnee», sagt er bei einem Besuch vor Ort. Die Messstation auf rund 2500 Metern über Meer habe er damals ausgraben müssen. Jetzt ist das Gerät freigelegt und steht auf dem nackten Eis.

Grafik, die zeigt, wie schnell der Schnee auf dem Morteratschgletscher in den letzten Wochen geschmolzen ist.
Legende: Von über zwei Meter auf Null: So schnell ist der Schnee auf dem Morteratschgletscher in knapp zwei Monaten geschmolzen. SRF

Dass die Sonne nun direkt auf das Eis strahlt, treibe den Schmelzprozess voran. «Schnee ist eigentlich der beste Eisschutz, denn Schnee reflektiert sehr stark das Sonnenlicht. Neuschnee zu 90 Prozent, Altschnee etwa zu 70 Prozent und Eis nur zu 30 Prozent.» Und weil in diesem Frühling lange viel Schnee lag, war der Gletscher geschützt.

Wird das Sonnenlicht nicht mehr reflektiert, dann dringt es in den Schnee ein und schmelzt ihn.
Autor: Felix Keller Glaziologe

Natürlich waren die steigenden Temperaturen für die Schmelze verantwortlich. Aber nicht nur: Seit Mai trieb es mehrmals Saharastaub in Richtung Schweiz. Auf dem Morteratschgletscher ist der gelbliche Staub klar erkennbar. Für den Gletscher nicht gut, erklärt Felix Keller: «Der Saharastaub reduziert die Reflexionsfähigkeit des Schnees. Wird das Sonnenlicht nicht mehr reflektiert, dann dringt es in den Schnee ein und schmelzt ihn.»

Ein reissender Fluss von Gletschermilch

Die Folgen zeigen sich unterhalb des Gletschertors: Der Ausfluss an Wasser ist gewaltig. Rund eine Million Tonnen Wasser strömt derzeit täglich aus dem Gletscher. Der Morteratschbach ist zum reissenden Fluss geworden, er führt Hochwasser. Der Pegel sei weit höher als während der starken Niederschläge im Graubünden Mitte Juni.

Aushängeschild in Pontresina

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Der Morteratsch-Gletscher ist der volumenstärkste Gletscher in den östlichen Alpen und damit ein riesiger Süsswasserspeicher. Sein Gewicht wird derzeit auf rund 1.2 Milliarden Tonnen geschätzt. In den letzten 150 Jahren hat sich der Gletscher um rund zweieinhalb Kilometer zurückgebildet. Heute ist er noch gut sechs Kilometer lang. Die Wanderung zur Gletscherzunge ist bei Touristen äusserst beliebt.

Seit einiger Zeit arbeitet der Glaziologe Felix Keller an einem Projekt, um den Gletscher wieder zum Wachsen zu bringen. Die Idee: Schmelzwasser des Gletschers recyclen und wieder zu Schnee machen, der den Gletscher schützt.

Was dem Gletscher gut tun würde, sei Sommerschnee, sagt Keller. «Früher hat es immer mindestens einmal im Monat geschneit, auch im Sommer. Das ist extrem gut für den Gletscher, dann kann er die warmen Sommertemperaturen besser überstehen. Und das fehlt im Moment sehr.» Doch auch wenn es in den nächsten Tagen kühler wird, bleibt die Schneefallgrenze über 3500 Meter, wie es bei SRF Meteo heisst – also weit oberhalb des Gletschers.

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