Die Landschaft der Schweiz wird immer mehr überbaut. Der Platz für Landwirtschaft und Erholung schwindet. Pro Jahr wird in der Schweiz eine Fläche in der Grösse des Walensees verbaut. Dies möchte der Bundesrat nun stoppen.
Wird das Gesetz angenommen, dürfen Gemeinden nur noch so viel Bauland in Reserve haben, wie sie voraussichtlich in den nächsten 15 Jahren überbauen werden.
Bundesrätin Doris Leuthard warnt gleich zu Beginn der Diskussion: «Die Landschaft wird zubetoniert. Wir müssten sorgfältiger umgehen mit dem Boden.» Deshalb brauche es das Gesetz. Es helfe, vernünftigere Strukturen für die Entwicklung der Landschaft zu schaffen.
Braucht es das Gesetz überhaupt?
Nationalrat Christian Wasserfallen kritisiert, man müsse das Horten von Bauland nicht mit noch mehr Regulierung lösen. Seit mehreren Jahrzenten könnte man das heutige Gesetz umsetzen, auf die vorgeschriebenen 15 Jahre hinaus planen. «Warum hat man das nicht gemacht?», fragt Wasserfallen.
Maria Lezzi, Direktorin Bundesamt für Raumentwicklung, hat darauf eine Antwort: «Wir müssen die Richtpläne der Kantone genehmigen. Aber wir konnten zum Teil nicht ablehnen. Wir konnten nicht sagen, es entspricht nicht einem haushälterischen Umgang.» Das Gesetz gebe dem Amt diese Möglichkeit, weil der Umgang mit Zonen genauer definiert sei.
Und Bundesrätin Leuthard doppelt nach: «Die Kantone müssen die Nutzungspläne der Gemeinden genehmigen, und das ist sinnvoll und effizient.»
Knebelt das Gesetz die Gemeinden?
Jean-François Rime ist Nationalrat und Präsident des Gewerbeverbandes. Er wirft ein, das Gesetz sei nicht föderalistisch, der Bund mische sich in Angelegenheiten der Kantone. «Die Kompetenzen der Kantone und Gemeinden sind gleich wie bisher», entgegnet hingegen Lezzi. Der Bund mache keine Ortsplanungen. Gemeinden sollten dort einzonen können, wo es floriere, wo es infrastrukturell vernünftig sei.
Rime macht sich auch Sorgen um die Unternehmer. Man finde schon heute im Kanton Freiburg manchmal nicht genügend Land, um den Betrieb erweitern zu können. Die Bundesrätin teilt diese Auffassung nicht: «Wir haben im Moment 230‘000 Hektaren Bauland. Und ein Fünftel dieser Fläche ist unüberbaut.» Das eingezonte Land sei aber vielleicht nicht immer am richtigen Ort. Das sei das eigentliche Problem.
Wird überhaupt Boden geschützt?
Das neue Gesetz schaffe nur Bürokratie, so Wasserfallen. Es führe dazu, dass Land, das ausgezont würde, fünf Jahre später wieder eingezont werden müsse. «Letztendlich ist kein Quadratmeter Boden geschützt.»
Jakob Stark, Präsident der Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz stellt allerdings klar: «Land, das ausgezont wird, sollte nicht wieder eingezont werden.» Und Lezzi unterstreicht: Im Gesetz stehe, bevor man neu einzont, solle man innere Reserven besser nutzen. «So schützt man Kulturland.»
Steigen die Mieten?
Wasserfallen bringt ein, eine zusätzliche Verknappung von Bauland lasse die Bodenpreise steigen. Das wiederum habe einen unerwünschten Effekt auf die Mietpreise.
Leuthard widerspricht: «Die Mehrwertabgabe von 20 Prozent hat keinen Effekt auf die Mieten.» Die Abgabe würde nur auf neu eingezontem Land erhoben. Das sei pro Jahr etwa 2 Prozent. Die Mieter hätten jedoch eine bestehende Liegenschaft.
Wer zahlt die Auszonungen?
Wird Bauland ausgezont, verliert es an Wert. Wird ein Land eingezont, gewinnt es an Wert. Wer davon profitiert, muss laut dem neuen Gesetz 20 Prozent des Gewinns abgeben. Mit diesem Geld werden Landbesitzer entschädigt, die durch eine Auszonung Verluste erleiden.
Rime dazu: «Das sind nicht die gleichen Gemeinden, die rückzonen und einzonen, es sind nicht einmal die gleichen Kantone. Und wie wird dieses Geld verteilt?»
Bauen sei Kantonssache, also auch die Mehrwertabgabe, so Stark. Der Ertrag der Mehrwert-Abgabe würde nicht nur für Auszonungen gebraucht, sondern für raumplanerische Massnahmen. «Mit diesem Geld kann man in den Siedlungen Altbauten abbrechen. Man kann Brachen so vorbereiten, dass es wieder günstiger wird, innerhalb von Ortschaften zu bauen.»
Rime überzeugt diese Antwort allerdings nicht. Er vermutet: «Sie machen ein Gesetz, und am Ende müssen dann die Kantone dafür bezahlen.» Doch Lezzi widerspricht: «Es ist ein gemeinsam erarbeitetes Gesetz, ausgewogen und gerecht. Sonst würden die Kantone nicht zustimmen.»